© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/20 / 15. Mai 2020

Das Humboldt-Forum und die Kulturhoheit des Bundes
Abgrenzung und Ausgrenzung
(dg)

Die Eröffnung des wichtigsten kulturellen Prestigevorhabens der Berliner Republik, des „Humboldt- Forums im Berliner Schloß“, ist auf den September 2020 verschoben worden. Eine Entscheidung, die nicht erst die Corona-Pandemie erzwang, sondern die schon im Juni 2019 fiel, nachdem sich bei Berliner Großprojekten notorische Baumängel offenbart hatten. Diese Verzögerung nutzt die Düsseldorfer Staatsrechtlerin Sophie Schönberger zu einem Rundumschlag gegen „das Humboldt-Forum als Testfall der Bundeskulturpolitik“ (Merkur, 2/2020). Wobei sie verfassungsrechtliche und geschichtspolitisch-konzeptionelle Fragen zur staatlichen Selbstdarstellung verknüpft, um für eine grundgesetzlich saubere Trennung zwischen der Kulturpolitik des Bundes und der Kulturhoheit der Länder zu plädieren. Um aus der verfassungsrechtlichen Grauzone herauszukommen, in der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und ihre Vorgänger gerade während der Planungsphase des Humboldt-Forums operierten, sollte der Bund seine faktische, weil finanzielle kulturpolitische Macht nicht länger in organisatorischen Hüllen privatrechtlicher Stiftungen verstecken, wie es beim Wiederaufbau des Schlosses geschah, sondern in Form eines auch parlamentarisch besser kontrollierbaren Bundeskulturministeriums institutionalisieren. Eine solche Konstruktion hätte dann wohl die für Schönberger unerträglichen Zugeständnisse an die „restaurative Nostalgie“ machende „Präsentation des geradezu Antinationalen“ verhindert. Stattdessen produziere das Forum nun Abgrenzung und Ausgrenzung, weil „die Darstellung des Eigenen über nicht als deutsch definierte Kultur“ (Daniel Morat) erfolge. 


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