© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/20 / 15. Mai 2020

Finanzielle Grundbildung sollte Schulfach werden
Einübung in die Tugend der Geduld
(ob)

Selbst in den USA mit ihrem ausgeprägten Finanzmarkt und ihrer mangels staatlicher Vorsorge blühenden Aktienkultur der Privathaushalte wird Finanzkompetenz kleingeschrieben. Die „allgemeine Finanzbildung“ lasse zu wünschen übrig, stellten US-Ökonomieprofessoren in einer Studie fest, die nur 18 Prozent der Getesteten unter 34jährigen Kompetenz wenigstens „in einfachen Finanzfragen“ bescheinigte. Daß die meisten Deutschen in Finanzfragen ebenfalls „Analphabeten“ sind und die OECD-Mahnung ignorieren, Finanzkompetenz als „wesentliche Lebensqualifikation“ zu begreifen, ist für Matthias Sutter eine Herausforderung. Der österreichische Verhaltensökonom leitet seit 2017 das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Mit seinen experimentellen Untersuchungen, zuletzt mit Schülern an elf deutschen Gymnasien, will er beweisen, daß neben Intelligenz und sozialer Herkunft die altmodisch erscheinende Tugend der Geduld, und damit die Fähigkeit zur Selbstkontrolle, zu den wichtigsten Faktoren für ein „gelingendes Leben“ zählen. Geduld zeige sich aber am besten in der Fähigkeit des einzelnen, mit Geld umzugehen. Nur wer das frühzeitig lerne, treffe später sinnvolle Entscheidungen bezüglich Investitionen, Sparen, Konsum, Altersvorsorge. Es sei daher dringend geboten, meint Sutter, „finanzielle Grundbildung“ endlich in die schulischen Standardlehrpläne aufzunehmen. Gelungen sei dies bisher nur in Baden-Württemberg, wo das Schulfach „Wirtschaft und Berufsorientierung“ seit 2018 flächendeckend unterrichtet wird (Max Planck Forschung, 1/2020). 


 www.mpg.de