© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/20 / 15. Mai 2020

Großzügige Ausweitung der Verdachtszonen
Antidemokraten unter sich
(dg)

Wie die Europa-Wahlen im Mai 2019 gehorchten auch die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg der Parole der etablierten Parteien: „Wir gegen die Antidemokraten!“ Natürlich, so räumt der Bremer Politologe Philipp Manow ein, lassen sich auf diese Weise recht erfolgreich Wähler mobilisieren (Merkur, 3/2020). Aber dann laufe es auf eine totalitäre Vorstellung von Demokratie hinaus. Denn die urdemokratische Möglichkeit eines sich über Wahlen vollziehenden Machtwechsels sei damit ausgeschlossen. Offenbar resultiere diese Paradoxie aus dem historischen Triumph der demokratischen Idee. Nach dem Verschwinden der kommunistischen Systemkonkurrenz und dem Sieg der liberalen Demokratie bilde diese nun Lager aus, die sich gegenseitig bescheinigen, Antidemokraten zu sein. Das gelte für „Populisten“, die sich als einzige demokratisch legitimierte Sprecher des „wahren Volkes“ gerieren, wie auch für ihre Gegner, die altparteilichen „wahren Demokraten“, die sich anmaßen, die „Populisten“ als Antidemokraten zu ächten. Darum erlebe man seit geraumer Zeit eine „Inflation der Exklusionsverdikte“. Im Namen der Vernunft ergingen „Diskursverweigerungsbefehle“, im Namen der Toleranz würde die großzügige Ausweitung der „Verdachtszonen“ vorangetrieben und rechten Wählern attestiert, sie seien „der Saatboden für einen neuen Faschismus“. 


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