© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Verzicht der Woche
Bitte nicht mich wählen!
Björn Harms

Spätestens seit der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen weiß ein jeder Politiker: Wer von der AfD unterstützt oder gar gewählt wird, ist gefährdet. Jede einzelne Wahl-Stimme dieser Partei kann für die eigene Karriere zur toxischen Bombe werden. Vorauseilender Gehorsam dient also häufig dem politischen Überleben. Denn in gewissen Kreisen gilt dieses Mantra auch dann, wenn die Unterstützung nur rein hypothetisch möglich ist und völlig unklar bleibt, ob sie tatsächlich stattgefunden hat. Jüngst verzichtete die Grünen-Stadträtin Sabine Steininger völlig überraschend auf das Amt der 3. Bürgermeisterin in Bayreuth. „44 Stimmen waren abgegeben worden, davon drei ungültig“, zog Steininger im Bayreuther Tageblatt Bilanz. „Das heißt, es gab nur 41 gültige Stimmen. Bei 21 Stimmen für mich kann man nicht ausschließen, daß die ein oder andere AfD-Stimme dabei ist“, so die Schlußfolgerung. Die Beweislastumkehr der anderen Art erweist sich bei der Öko-Partei als eine Frage der Haltung: „Es ist bei uns Grünen unausgesprochener Konsens, daß man kein Mandat oder Amt annimmt, bei dem nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, daß man dieses mit Stimmen der AfD bekommen hat.“ Nach dem Rückzug Steiningers folgte schließlich ein weiterer Wahlgang, den der überparteiliche Kandidat Stefan Schuh (Junges Bayreuth) für sich entschied. Er nahm die Wahl an.