© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Mau und Frann
Geschlechtsoption „divers“: Wie viele Personen haben eine solche Eintragung überhaupt beantragt? Lohnt sich der finanzielle Aufwand?
Ronald Berthold

Seit fast anderthalb Jahren gibt es in Deutschland offiziell ein drittes Geschlecht. In öffentlichen Gebäuden baut der Staat Toiletten für diese „diversen Menschen“. Bund und Länder fördern „Transgender“-Lobbygruppen finanziell. Und es verstößt gegen das Gesetz, sich bei einer Stellenausschreibung nur an Männer und Frauen zu wenden. Dennoch hat die Bundesregierung immer noch keinen Überblick, für wie viele Einwohner dieser Aufwand überhaupt betrieben wird.

Auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten René Springer (AfD)konnte das zuständige Bundesinnenministerium nur sehr vage Antworten geben. Diese liegen der JUNGEN FREIHEIT vor. Die einzig valide Zahl, mit der der Bund argumentieren kann, sind jene elf Menschen, die im Ausländerzentralregister (AZR) als divers eingetragen sind. Bemerkenswert: Eine Differenzierung nach Bundesländern findet laut Bundesregierung „aufgrund der sehr geringen Anzahl“ nicht statt.

Bundesregierung kann keine genauen Zahlen nennen

Sicherlich werden es mehr als diese elf Ausländer sein, die in Deutschland weder als Mann noch als Frau eingeordnet werden wollen. Nur: Darüber ist absolut nichts bekannt. Wie viele Menschen „aktuell mit dem Geschlecht ‘divers’ registriert sind“, weiß die Regierung nicht. Auch auf die Frage Springers, wie groß „die Anzahl sowie der Anteil von Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung in Deutschland“ seien, lautet die Antwort: „Der Bundesregierung liegen hierzu keine amtlich erhobenen Daten vor.“

Seit 2016 erfaßt der Staat allerdings statistisch die aktuellen Rentner, die mit „keinem Geschlecht“ oder als „divers“ registriert sind. Die Frage des arbeits- und sozialpolitischen Sprechers der AfD-Fraktion danach beantwortete das Innenministerium so: „In den Berichtsjahren 2016 bis 2018 gab es jeweils keinen Fall.“ Erweitert man nun den Kreis auf alle aktiv und passiv Rentenversicherten in Deutschland, die noch keine Altersbezüge erhalten, trifft man auf – wie das Innenministerium es formuliert – „kleine Fallzahlen“. Demnach sind 153 Deutsche und elf Ausländer weder als männlich noch als weiblich bekannt. Sie fallen unter die Rubrik „divers/ohne Angabe/unbestimmt“. Wie viele davon tatsächlich transsexuell sind, bleibt jedoch unbekannt.

Der 40jährige Parlamentarier hat insgesamt 35 Fragen gestellt, um dem Geheimnis des dritten Geschlechts auf die Spur zu kommen. Immer, wenn es um Zahlen ging – mit Ausnahme der Angaben zu den Rentenempfängern und dem AZR –, mußte die Bundesregierung passen. Mangelnden Willen kann man ihr dabei jedoch nicht unterstellen. Um die Frage zu klären, wie viele Menschen „gegenüber dem Standesamt erklärt haben, daß die Angabe zu ihrem Geschlecht gestrichen werden soll“, führte das Innenministerium sogar „eine Umfrage“ in den Bundesländern durch. Ergebnis: 28 Einwohner wünschten zwischen dem 22. Dezember 2018 und dem 31. März 2019, ihren Geschlechtereintrag streichen zu lassen. Wie vielen dieser Begehren stattgegeben wurde, weiß die Bundesregierung indes nicht. Bei diesen Anträgen fällt auf, daß es in zehn Ländern, darunter den fünf jungen, keinen einzigen gab. Spitzenreiter ist Berlin mit der ebenfalls sehr bescheidenen Zahl von neun.

Wohlgemerkt: Der Wunsch, die Geschlechtsangabe löschen zu lassen, heißt nicht, daß es sich dabei um „diverse“ Antragsteller handelt. Dasselbe betrifft die insgesamt 826 Sozialhilfeempfänger, die inzwischen im Geburtenregister beim Geschlecht mit dem Eintrag „ohne Angabe“ erfaßt sind. Und genauso jene 1.061 Menschen, die im Zentralen Fahrerlaubnisregister 2019 „ohne Angabe zum Geschlecht“ registriert waren. Dopplungen in diesen Statistiken sind nicht unwahrscheinlich.

In beiden Fällen könnte es sich – so Springer gegenüber der JF – „jedoch auch lediglich um Personen handeln, die aus verschiedensten Gründen keine Angabe zum Geschlecht gemacht haben und demnach nicht zwingend als ‘diversgeschlechtlich’ anzusehen sind.“ Immerhin handelt es sich hier um Menschen, deren Anträge auch bewilligt wurden. Denn, so die Bundesregierung: „Gemäß den Vorgaben in den jeweiligen Statistiken darf eine Erfassung des Geschlechtes mit den Ausprägungen ‘ohne Angabe’ und ‘divers’ nur bei entsprechendem Eintrag im Geburtenregister vorgenommen werden.“

Interessant auch: 143 Männer in Deutschland wollten 2018/19 lieber Frauen sein, und genauso viele Frauen wollten lieber Männer sein. Wer allerdings weder Mann noch Frau sein wollte, darüber ist dem Staat nichts bekannt. So bleibt das Phänomen des dritten Geschlechts auch hier unenthüllt.

Dabei hat Springer wirklich nichts unversucht gelassen, an belastbare Zahlen zu gelangen. Er fragte auch, wie viele Pässe ausgestellt wurden, bei denen „kein Geschlecht“ und „divers“ eingetragen ist. Doch auch damit kam er nicht weiter, denn „das Geschlecht der antragstellenden Person wird beim Paßhersteller nicht statistisch erfaßt und ist nur in den jeweiligen lokalen Paßregistern gespeichert.“ Diese seien keiner bundesweiten statistischen Erhebung zugänglich, weshalb der Bundesregierung keine Informationen vorlägen.

Die Lobbyarbeit vieler Gruppen macht sich bezahlt

Dort, wo der Staat über Zahlen verfügt, handelt es sich um so kleine Fallzahlen, daß sie bei der Aufschlüsselung nach Bundesländern oder Staatsangehörigkeiten der „statistischen Geheimhaltung“ unterliegen. Um so größer sind dagegen die Summen, mit denen die Lobbyorganisationen für „Transmenschen“ vom Bund gefördert werden. Springer fragte nach den finanziellen Zuwendungen aus Steuermitteln für sechs solcher Gruppen. Laut Innenministerium zahlte in den beiden vergangenen Jahren allein der Bund mehr als 1,2 Millionen Euro an Vereine, von denen die Größe ihrer Klientel völlig unklar bleibt.

Mit Blick auf die personellen Verflechtungen (siehe Kasten) kritisiert der AfD-Sozialpolitiker, daß es eine „ausgewiesene Gender-Lobbyistin“ mit den Stimmen von SPD und Grünen offenkundig bis ans Bundesverfassungsgericht geschafft habe, um dort „die ideologiegetriebene Revision des tradierten Menschenbildes von Mann und Frau voranzutreiben“. Mit Hilfe einer strategischen Klage „wurde die gesetzliche Einführung des dritten Geschlechts letztlich höchstrichterlich erzwungen, obwohl der Anteil der Menschen ohne eindeutiges Geschlecht bekanntermaßen im Promillebereich liegt“. 

Nun sei so die absurde Situation entstanden, wonach sich jeder, der „vernünftigerweise noch immer daran festhält, daß es nur zwei Geschlechter gibt“, nicht mehr „in Übereinstimmung mit unserer Rechtsordnung“ befinde. Der ganze Vorgang, resümiert Springer gegenüber der JF, „sollte jeden alarmieren, für den die Unabhängigkeit der Justiz ein hoher Wert ist.“ 





Frau kennt sich

Wie stark hat die Gender-Lobby die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zum dritten Geschlecht beeinflußt? Personelle Verwicklungen, die der Bundestagsabgeordnete René Springer (AfD) in seiner Anfrage hervorhob, geben zu denken. Zentrale Rollen bei der BVerfG-Entscheidung spielten die Richterinnen Gabriele Britz und Susanne Baer. Britz erarbeitete den Entwurf, Baer wirkte an der Entscheidung mit. Beide kennen sich von der Universität Bielefeld, wo sie an der Jura-Fakultät arbeiteten. Zehn Jahre später wurden die Frauen an das BVerfG berufen: Britz für die SPD, Baer, die eng mit der Gender-Szene verwoben ist, für die Grünen: Von 2003 bis 2010 war die Professorin für Feministische Rechtswissenschaft Direktorin des Gender-Kompetenz-Zentrums an der Humboldt-Universität. Die für die Entscheidung ursächliche Verfassungsbeschwerde bereitete die Kampagne  „Dritte Option“ vor. Prozeßbevollmächtigte: Konstanze Plett und Friederike Wapler. Auch hier gibt es Verflechtungen: Plett und Baer saßen gemeinsam im Vorstand der „Vereinigung für Recht und Gesellschaft“. Wapler vertrat Baers Professur 2015/16 an der Humboldt-Uni. Beide verfaßten 2016 für den Bundestag eine Stellungnahme zum Thema Kinderrechte. Zu ihrer eigenen Verfassungsbeschwerde hielt Wapler einen Vortrag an der von Baer mitbegründeten „Humboldt Law Clinic“. Auch während des Verfahrens vor dem BVerfG kamen Baers Beziehungen aus der Gender-Szene zum Tragen. Als Sachverständigen hörte es das „Deutsche Institut für Menschenrechte“ – in einem Beirat des Institutes sitzt die Richterin. Außerdem ist es Kooperationspartner des Gender-Lehrstuhls von Baer an der Humboldt-Universität. (rb)