© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Grüße aus Rom
Pfandhaus der Not
Paola Bernardi

Die Postkarten-Schönheit der Stadt scheint vorbei. Die bisher menschenleere Spanische Treppe, der Trevi-Brunnen und das Kapitol werden wieder von den Römern in Besitz genommen. Die Schlangen vor den Supermärkten und Läden werden noch länger, denn jetzt lautet der Abstand sogar zwei Meter. Autos, Metro und Busse fahren wieder durch die Stadt.

Sehr vorsichtig nimmt das Leben wieder Fahrt auf. Die längste und bedrückendste Schlange von Römern allerdings sieht man täglich vor dem „Monte di Pietà“, dem ältesten Pfandhaus auf dem Campo di Fiori. Schon sehr früh am Morgen stehen die ersten Kunden an.

Manche versetzen sogar ihre Eheringe. Hier wird geschätzt und das Bargeld sofort ausgezahlt.

Es ist eine traurige Atmosphäre. Keiner kommt freiwillig her, um den Familienschmuck zu verpfänden. Die pure Not treibt diese Menschen. Manche versetzen sogar ihre Eheringe. Hier wird geschätzt und das Bargeld sofort ausgezahlt. Niemand braucht hier lange Formulare auszufüllen oder Erklärungen abzugeben. Nach ein paar Monaten besteht die Chance, seinen Schmuck wieder auszulösen, sonst kommt er in die Versteigerung. In Italien gab es schon immer diese „offiziellen“ Pfandhäuser, die vor allem von Künstlern und Arbeitern genutzt werden, wenn besondere Ausgaben anfallen. Doch jetzt scheint ein ganzes Land von Armut erdrückt zu werden.

Die Pandemie hat Italien über Nacht noch tiefer an den Abgrund gedrängt. Noch immer wartet die Mehrzahl der Bürger und Unternehmer auf die versprochenen Zahlungen des „Märzdekrets“. Inzwischen ist schon ein „Aprildekret“ verabschiedet. All diese Kredite und Zuschüsse der Regierung unter Giuseppe Conte hängen im unendlichen bürokratischen Labyrinth fest. Doch die alltäglichen Rechnungen für Essen, Gas und Miete gehen weiter. Von deutschen Verhältnissen können Italiener nur träumen.

In dieser Situation ist es nicht angenehm, Deutsche zu sein. Im derzeit aufgeheizten Klima wird das ganze materielle Elend auf Deutschland projiziert. Als neue „Freunde“ Italiens gelten China und Rußland. Dagegen sind 45 Prozent Deutschland feindlich gesinnt, sagen Umfragen.

Profitiert von „Corona“ hat bisher nur die Mafia: 376 Mafiosi wurden wegen Ansteckungsgefahr in Hausarrest entlassen. Nach einem Entrüstungssturm gegen den linkspopulistischen Justizminister Alfonso Bonafede will dieser nun alles rückgängig machen.