© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Frisch gepresst

Reformlinke. „Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch“, wußte schon Franz Josef Strauß. Von der „alten SPD“ mit ihren großen Staatsmännern wie Helmut Schmidt oder Willy Brandt ist wenig übrig. Genauer gesagt 13 Prozent, Tendenz sinkend. Bei der Linken sieht es nicht besser aus: Statt sich um breitere Bevölkerungsschichten zu sorgen, wendet sich die Partei einem Kampf für Minderheiteninteressen zu. Der Autor und Politologe Nils Heisterhagen fordert die politische Linke zu einem „Wirklichkeitsbezug“ auf. Der Publizist war Grundsatzreferent der SPD im rheinland-pfälzischen Landtag und wünscht sich „einen neuen politischen Gemeinsinn“. Er plädiert für mehr „Reformlinke“, die den Wohlstand aller anstreben und mit sachlichen Beiträgen das Realpolitische im Blick haben. Jedoch dominiere aktuell die „Diskurslinke“, der es in erster Linie darum gehe „Haltung zu zeigen“ und über Weltansichten und Werte zu streiten. Heisterhagen ruft die politische Linke zu Verantwortung und Handlungsbereitschaft auf. Denn nur so könne die SPD wieder vom Weg ins Kanzleramt träumen. (zit)

Nils Heister-hagen: Verantwortung. Für einen neuen politischen Gemeinsinn in Zeiten des Wandels.Dietz-Verlag, Bonn 2020, broschiert, 224 Seiten, 19,90 Euro





Leipzig 1945. Es war für die verantwortlichen Offiziere und Beamten ein Ritt auf der Rasierklinge: Kampf oder Kapitulation? Oft entschieden nur Tage, ob das Szenario glimpflich, in einem Blutbad oder für den Betreffenden am Galgen endete. Vor der Einnahme Leipzigs durch die US-Amerikaner am 19. April 1945 gab es verschiedene Konzepte der Akteure: Polizeipräsident Wilhelm von Grolman wollte Leipzig an die Amerikaner übergeben, doch Kampfkommandant Hans von Poncet lehnte das ab. Daß es am Ende nur zu wenig Kampfhandlungen gegeben hat, unter anderem von Poncets Männern am Völkerschlachtdenkmal (JF 17/20), schildert der damals 15jährige Manfred von Ungern-Sternberg in seinem Bericht zum Kriegsende. So organisierte ein beherzter Offizier, Hauptmann Heinrich Hanich, daß den 1.600 Mann von Standortbataillon und Flakabteilung vor dem Anrücken der US-Amerikaner Soldbuch und Entlassungspapiere aus der Wehrmacht ausgehändigt wurden und somit ein zäher Straßenkampf an der Pleiße vermieden werden konnte. (bä)

Manfred von Ungern-Sternberg: Spaziergang nach Leipzig. Ein Bericht zum Kriegsende 1945. Shaker Media, Düren 2020, broschiert, 137 Seiten, 13,90 Euro