© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Haltungsnote
Alles muß raus!
Gil Barkei

Alle „Skulpturen, Wandgemälde, Reliefs müssen weg“ vom Berliner Olympiagelände! Zumindest wenn es nach dem ehemaligen Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder, geht. Das für die Spiele 1936 gebaute Areal müsse entnazifiziert werden. „Die gesamte Anlage, alle Bauten, alle Benennungen, alle Skulpturen entsprangen der Ideologie der Nazis“, schrieb der SPD-Politiker in einem Gastbeitrag für die Zeit und beklagte, daß „das faschistische Erbe unter Denkmalschutz“ gestellt wurde. „Wir sollten begreifen, daß dies die ideologische Symbolik ist, auf die sich heutige Akteure wie Höcke, Gauland und Kalbitz berufen.“ Daß das Stadion längst ein unpolitischer Ort der Freude bei Sport- und Konzertevents ist, erscheint egal. Die im Zuge des Umbaus für die Fußball-WM 2006 angebrachten Erklärtafeln würden von den „Fans in freudiger Erwartung eines Fußballspiels“ unbeachtet bleiben und „stellen allenfalls ein halbherziges Alibi dar“. Der „NSU-Terror“ und „die Wahlerfolge der AfD lehren uns, daß das Sommermärchen vorbei ist“. Ideologische Geschichtsaufarbeitung mit der Planierraupe! Ob Strieder diese Tabula-rasa-Methode auch bei den kommunistischen Zuckerbäckerbauten der Berliner Karl-Marx-(frühere Stalin)-Allee anwenden würde?