© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/20 / 29. Mai 2020

Dorn im Auge
Christian Dorn

Die Einstürzenden Neubauten haben eine neue Platte gemacht. Deren Kopf Blixa Bargeld äußert im Tagesspiegel-Interview völliges Desinteresse am „Klang“, dieser sei nur „etwas für Avantgardisten“. Entsprechend interessiere ihn „nur Kontext.“ Als Prototyp des Anywheres – das neue Album trägt den Titel „Alles in allem“ – hadert er vermutlich nicht mit den intellektuellen Niederungen des Antifa-Milieus. So fällt mir vor der Haustür die Parole „FCK NZS“ ins Auge. Die ubiquitär auf den Gehweg-Platten gesprühte Konsonanten-Parole der Antifa zeigt bereits formal, daß da kein Klang drin ist. Doch selbst mit Tonlauten demonstriert die Antifa ihre mangelnde Logik, schließlich fordert die ebenso verbreitete Losung „Kein Sex mit Nazis“ genau das Gegenteil. Als Synthese bleibt nur die Selbstbefriedigung. Tatsächlich hilft hier die Wissenschaft weiter, haben doch jüngere Studien ergeben, daß die Masturbation die Immunabwehr stärkt (Steigerung des Leukozytenspiegels) und den Streß abbaut (das ausgeschüttete Glückshormon Oxytocin reduziert den Cortisolspiegel) und daher auch den Tiefschlaf befördert. Hier könnte die Katholische Kirche noch etwas dazulernen. 


Anders auf dem Alexanderplatz. Hier knien gleich mehrere Polizisten auf einem Mann, der augenscheinlich besondere Kräfte besitzen muß. Dessen Begleiter in gelber Warnweste ruft aufgeregt immer wieder dieselben Sätze: „Der Messias steht wieder auf!“ und „Der Messias geht weiter!“ Schließlich nimmt der Mann Anlauf wie bei einem Rugbyspiel, um auf den Pulk zuzustürmen – und landet in den Armen der zweiten Gewalt, die ihn wohl dem Haftrichter vorführen wird. Dreieinigkeit will gelernt sein. Am Rosa-Luxemburg-Platz wirken die Phrasen der diversen linken Demonstranten teils witzig, teils unfreiwillig komisch: von „GATES nach Hause!“ über „Verschönerungstheorien statt Verschwörungstheorien“ bis zur Gehweg-Parole: „Menschen schützen / nicht Grenzen“ – während das Spruchband an der Volksbühne warnt: „Abstand halten!“ Wie bestellt treffen zwei Frauen ein, die miteinander über einen ausgestreckten Zollstock von etwa 1,50 Meter Länge verbunden sind, den sie an den Händen halten. Zwei Touristen in der Rosa-Luxemburg-Straße hadern, der eine: „Wo sind denn jetzt die Hooligans? Ich habe mir extra meine Bomberjacke angezogen.“ Konstruktiver wirken da die Demo-Schilder von den Kritikern der Corona-Politik: „Bitte waschen Sie ihre Hände, Ihr Gehirn waschen wir – Eure Öffentlich-Rechtliche“. Ich denk nur: „Deutschland als Hygienemuseum / Infusion von Wahrheitsserum.“