© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/20 / 29. Mai 2020

Umwelt
Globale Dystopien
Dieter Menke

Die 194 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben eine „unparteiische, unabhängige und umfassende“ Untersuchung der verspäteten Reaktion auf die Corona-Pandemie beschlossen. Ob dabei ewas herauskommt, ist fraglich, denn dabei haben zu viele Verantwortliche in den großen UN-Ländern versagt. Und nicht nur Donald Trump wirft China und der WHO-Führung vor, den Ausbruch der Seuche nicht rechtzeitig eingedämmt zu haben. Doch der US-Präsident behauptet auch, der Ursprung von Sars-CoV-2 finde sich im Institut für Virologie in Wuhan (WIV). Ein Verdacht, den die Pekinger KP-Regierung, die WHO und viele Wissenschaftler zurückweisen (JF 18/20).

Die nächste globale Pandemie könnte auch aus Indien, Nigeria oder Brasilien kommen.

Jane Qui verteidigt nun WIV-Professorin Shi Zhengli, die seit 2004 in ganz China unterwegs war, um in Fledermaushöhlen auf Virenjagd zu gehen (Spektrum der Wissenschaft, 5/20). Daß 2019 Versuchsmaterial aus ihrem Labor nach draußen gelangte, sei ausgeschlossen, weil die Gensequenzen der von Zhengli 2013 in einer Höhle gefundenen Corona-Viren nicht mit denen übereinstimmten, die sich im Körper jener Patienten fanden, die der Covid-19-Pandemie erlagen. Da es keine Sicherheitspanne im WIV-Labor gegeben haben soll, schwenkt Quis Reportage auf die offizielle Version ein, wonach das Virus auf dem Huanan Seafood Market auf einen Menschen übergesprungen sei. Was zwangsläufig in so düstere Zukunftsperspektiven mündet, wie sie ihr der Krankheitsökologe Peter Daszak eröffnet. Demnach könnte das 21. Jahrhundert in dem Maß im Zeichen von Pandemien stehen, wie die Globalisierung durch Naturzerstörung den Abstand zu den Lebensräumen von Wildtieren verringere und die Bevölkerungskonzentration erhöhe. China sei nicht der einzige Hotspot, Indien, Nigeria, Brasilien und die Entwicklungsländer tropischer Zonen seien ebenfalls stark gefährdet.