© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/20 / 05. Juni 2020

Daniel Stelter sorgt mit seinem neuen Buch „Coronomics“ für Aufmerksamkeit.
Deutschlands Neustart
Max Otte

Ist heute in den etablierten Medien eine kritische Stimme zur Wirtschaftslage zu hören, dann oft die Daniel Stelters: Er ist Deutschlands neuer „Krisenökonom“ – und er ist es zu Recht. 

Seine Rolle hat sich Stelter, geboren 1964 in West-Berlin, mit Sachverstand, klaren und unabhängigen Gedanken und kontinuierlicher Leistung erarbeitet. Vor allem ist er finanziell unabhängig. Sein Blog „Think beyond the obvious“, seine Bücher und seine Gastbeiträge in den Medien sind für ihn kein Geschäft – das hat er nicht nötig –, sondern eine Herzensangelegenheit.Und von Buch zu Buch wird er besser. Sein Bestseller „Das Märchen vom reichen Land. Wie die Politik uns ruiniert“ (JF 46/18) ist jedem zu empfehlen, dem Zweifel kommen, ob es uns wirklich so gut geht wie immer behauptet. Sein Fazit: Die Deutschen sind in der Euro-Zone sogar die Ärmsten – weit hinter Italienern, Franzosen und selbst den Griechen.

Nun ist Stelter mit seinem neuen Buch am Start: „Coronomics. Nach dem Corona-Schock: Neustart aus der Krise“. Zunächst zeichnet er nochmal den Weg in die Krise nach und analysiert die Situation, dann zeigt er analytisch fundierte und zugleich innovative Auswege auf. Eines ist klar: die Systemkrise, der „Weltsystemcrash“ wäre auch ohne Corona gekommen. Doch das Virus ist der ideale Sündenbock, vom Versagen der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre abzulenken, und liefert einen Vorwand für weitreichende „Rettungs“-Maßnahmen, die sonst politisch nicht durchzusetzen gewesen wären.

Stelter zeigt auf, daß die Staatsverschuldung durch die Krise noch einmal radikal steigen und daß am Ende ein Schuldenschnitt nötig sein wird. Denn aus den globalen Schulden kommen wir ohne diesen nicht mehr heraus. Deutschland rät er, dabei mitzumachen, will es nicht abgehängt werden: Die aufgenommenen Mittel benötigen wir dringend, um unsere marode Infrastruktur aufzubauen. Verzichten wir darauf, nehmen andere Staaten das Geld, erneuern ihre Infrastruktur, und Deutschland hat dann zwar Forderungen gegenüber diesen Schuldnern – die am Ende aber entwertet werden.

Gute öffentliche Infrastruktur zieht private Investitionen nach sich. Japan investiert hier, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, über achtzig Prozent mehr, Frankreich 45 Prozent mehr als Deutschland. Zur Tilgung schlägt Stelter die „Monetisierung“ vor: einen Tilgungsfonds, der die Schulden der Euro-Länder in Höhe von 75 Prozent des BIP übernimmt und sie tilgungsfrei stellt, also quasi streicht. So bestünde, anders als beim geplanten Merkel-Macron-Fonds, ein Anreiz, gut zu wirtschaften.

Stelters Vorschläge sind richtig! Denn die „schwarze Null“ gehört neben der sogenannten „Euro-Rettung“ und der „Energiewende“ zu den schädlichsten Dogmen für Deutschlands Wirtschaft. Es ist allerhöchste Zeit, endlich umzusteuern!