© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/20 / 12. Juni 2020

Proteste vor allem in Demokraten-Hochburgen
Unruhen in den USA und weltweit: Plünderungen und Brandanschläge / Minnesota löst Ortspolizei auf
Mathias Pellack

Bis Mittwoch vergangener Woche hat die Polizei in den USA über 11.000 Menschen festgenommen. Im Zusammenhang mit den landesweiten Demonstrationen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd sind bis Montag dieser Woche mindestens 20 Personen ums Leben gekommen. Floyd war im Krankenhaus von Minneapolis gestorben, nachdem ein weißer Polizist während der Verhaftung mehrere Minuten auf seinem Nacken gekniet hatte. Floyd war den Beamten aufgefallen, da er versuchte, mit einem angeblich gefälschten Zwanzigdollarschein Zigaretten zu kaufen. 

Floyd hatte eine lange Vorstrafenliste. Wegen eines brutalen bewaffneten Raubüberfalls saß er bis 2013 im Gefängnis. Danach machte er offenbar eine Wende durch, zog nach Minneapolis und war nicht mehr polizeilich auffällig.

In der Folge der Proteste und Ausschreitungen gab es den größten Einsatz der Nationalgarde in der US-Geschichte. 17.000 Nationalgardisten schützten die US-Städte und ihre Bevölkerung, während in über 500 Städten demonstriert, randaliert und geplündert wurde. Besonders viele Proteste fanden in den nördlichen Staaten der US-Ostküste sowie in den Staaten der Westküste statt. Allesamt Bundesstaaten, die in der Vergangenheit stets eher demokratisch wählten.

Aus nur vierzehn der insgesamt 50 US-Bundesstaaten gibt es bisher keine Berichte über gewalttätige Übergriffe seitens der Demonstranten. In allen anderen gab es Schüsse, Verletzte durch Konfrontationen mit der Polizei, Plünderungen, Angriffe mit Steinen oder Brandanschläge auf Polizeireviere oder -fahrzeuge. Doch die Heftigkeit der Ausschreitungen hat zuletzt abgenommen. Bundesstaaten und die Hauptstadt haben die Nationalgardisten wieder in die Kasernen geschickt. Präsident Donald Trump lobte sich auf Twitter für sein hartes Durchgreifen und die Hauptstadt für ihre Disziplin: „Washing­ton D.C. war vergangene Nacht der sicherste Ort der Welt.“

Proteste und Ausschreitungen gegen angebliche Polizeigewalt und Rassismus blieben allerdings nicht auf Nord­amerika begrenzt. Auch in London, Paris und Berlin kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, wurden Scheiben eingeworfen und Beamte zum Teil schwer verletzt. Demonstrationen gab es in allen Teilen der westlichen Welt – auch in Tokio, Seoul, Sidney, Wellington, Akkra, Buenos Aires und Tel Aviv.

In Minneapolis beruhigt sich unterdessen die Lage. Eine Mehrheit des Rates der Hauptstadt von Minnesota hat jetzt angekündigt, die Polizei aufzulösen und sie vollkommen neu aufzustellen.





Tote bei Protesten

27. Mai

Minneapolis

Vom Besitzer eines Waffenladens wird Calvin Horton Jr. beim Versuch, diesen zu plündern, erschossen.


30. Mai

Kettering

Die Studentin Sarah Grossman stirbt nach schweren Atembeschwerden im Krankenhaus, nachdem sie auf einem Protestmarsch Tränengas der Polizei ausgesetzt war.


30. Mai

Oakland

David Patrick Underwood vom Federal Protective Service wird aus einem Fahrzeug heraus erschossen, als er eine Gerichtsverhandlung bewacht. Ein zweiter Beamter wird angeschossen.


30. Mai

St. Louis

Berry Perkins stirbt, nachdem er von einem vor möglichen Plünderern fliehenden FedEx-Truck überfahren wird.


30. Mai

Omaha

Der Barbesitzer Jacob Gardner schießt in Selbstverteidigung auf den protestierenden Gewalttäter James Scurlock, der ihn würgte. Der Mann erliegt später im Krankenhaus seiner Schußverletzung.


31. Mai

Indianapolis

Während schwerer Ausschreitungen werden Chris Beaty und Dorian Murrell in der Stadt erschossen. Umstände unklar.


31. Mai

Kansas City

Marvin Francois wird von Räubern erschossen, als er eines seiner Kinder von einer Demonstration abholt.


1. Juni

Louisville

David McAtee wird von der Polizei erschossen. Die Polizisten geben an, Schüsse von Protestierern erwidert zu haben. Der örtliche Polizeichef wird entlassen, weil seine Untergebenen keine Bodycams getragen oder diese nicht angeschaltet haben. Die Ermittlungen dauern an.


1 Juni

Davenport

Ein Polizist wird in der Nacht in der Stadt angeschossen, als Demonstranten ein Polizeiauto belagerten.

Italia Marie Kelly wird von einer Kugel getroffen, während sie eine Floyd-Demonstration verläßt.


1. Juni

Cicero

Zwei Demonstranten werden laut Polizei von „Aufrührern von außerhalb“ erschossen. Zwei weitere Personen werden angeschossen.


1. Juni

Las Vegas

Gegen Ende einer Demonstration wird Jorge Gomez von der Polizei erschossen. Er soll zwischen den Demonstranten nach seiner Waffe gegriffen haben.


2. Juni

Philadelphia

Der Besitzer eines Waffenladens erschießt einen Einbrecher.

Ein Plünderer erliegt seinen Verletzungen, nachdem er einen Geldautomaten gesprengt hat.


2. Juni

St. Louis

Der 77 Jahre alte David Dorn, Polizist im Ruhestand, wird nahe eines Pfandhauses von Plünderern erschossen.


2. Juni

Vallejo

Sean Monterrosa wird von einem Polizisten aus dem Auto heraus erschossen, als er sich hinkniet und die Hände hebt. Die Polizisten hatten einen Hammer in seinem Sweatshirt für eine Schußwaffe gehalten.


3. Juni

Bakersfield

Robert Forbes stirbt, nachdem ihn ein Fahrzeug während einer Demo überfährt. Laut Polizei geschah der Zusammenstoß absichtlich.