© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/20 / 12. Juni 2020

Erweiterte Billionenprogramme bei den großen Notenbanken
Lizenz zum Gelddrucken
Thomas Kirchner

Japanisch zu lernen kam in den 1980er Jahren in Mode, als das Land der aufgehenden Sonne die Weltwirtschaft zu übernehmen schien. Die EZB hat vielleicht nicht die Sprache, aber von der japanischen Geldpolitik gelernt. Zwar kauft die EZB im Gegensatz zur Nippon Ginko noch keine Aktien, aber in jeder anderen Beziehung kopieren EZB und US-Fed die seit zwei Jahrzehnten bestehende japanische „Lockerungspolitik“. Die Fed kauf nicht nur Staatsanleihen, sondern auch Unternehmensanleihen, sogar solche mit niedriger Bonität, was die EZB noch überdenkt.

Die EZB hinkt hinterher, die Fed begann im April mit den Käufen. Dies spiegeln die Aktienindizes wider, deren Erholung in Europa bis zur Ausweitung des EZB-Kaufprogramms PEPP auf 1,3 Billionen Euro weit langsamer verlief als in den USA. Als Notfallmaßnahme ist der Kauf von Firmenanleihen durchaus logisch. Denn viele Anleger, die solche Papiere auf Kredit gekauft haben, mußten wegen des Preisverfalls verkaufen, was die Kurse weiter unter Druck setzte.

Gleichzeitig kauften die Zentralbanken Staatsanleihen zurück, durch deren Leerverkauf sie Zinsrisiken abgesichert hatten. Deshalb verstärkt eine Zentralbank letztlich den Verkaufsdruck auf Unternehmensanleihen, wenn sie nur Staatsanleihen kauft und deren Kurse treibt. Allein die Ankündigung der Fed erlaubte zahlreichen Unternehmen, trotz der Marktturbulenzen neue Anleihen zu emittieren. Stutzte man in Europa die Finanzmärkte nach der Lehman-Krise, muß man jetzt feststellen, daß eben jene Märkte Finanzierungen ermöglichen, die für Banken mit wackeligen Bilanzen und hohen Kapitalanforderungen derzeit schwierig sind.

Der Anleihemarkt stabilisiert sich langsam. Die EZB kommt viel zu spät, um die Marktpanik zu lindern. Dazu kommt, daß Firmenfinanzierungen in Europa stärker von Bankkrediten als Anleihen abhängen, was die Wirksamkeit der Käufe begrenzt. Außerdem kauft die Fed bereits Dollar-Anleihen europäischer Firmen, die in von ihr erworbenen ETF-Fonds enthalten sind, beispielsweise der Deutschen Bank oder von T-Mobile. Es geht der EZB vermutlich eher darum, Geld zu drucken, was der „Modernen Geldpolitik“ (MMT) zufolge Wachstum ohne Inflation schaffen soll. Der deflationäre Effekt von China-Importen hat zwei Jahrzehnte lang Gelddrucken bei moderater Inflation ermöglicht. China dürfte in Zukunft weniger zentral für die Weltwirtschaft sein, so daß Inflation wahrscheinlich wird. Auch das dürfte ein Kalkül der Zentralbanken sein, denn ohne Inflation sind die enormen Staatsschulden langfristig nicht mehr tragbar.

Für Privatanleger ist damit klar: Geld wird gedruckt, ohne daß ein Ende in Sicht ist. Aktien sind zwar kurzfristig immer riskant, aber langfristig ist die Erosion der Kaufkraft bei allen vermeintlich sicheren Anlagen garantiert.