© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/20 / 12. Juni 2020

Leserbriefe

Zu: „Bestrafung durch Hunger“ von Dag Krienen, JF 24/20

Mit Gehlen in Gefangenschaft

Auch ich habe 1945 die Rheinwiesenlager (Nr. 18 in Heilbronn) erlebt und überlebt. Leider wurde ich damals nicht entlassen, sondern als Zwangsarbeiter an die Franzosen ausgeliefert. Über die Gefangenenlager Le Mans (Arnage), Marseille (Aubagne) und Gap (Hautes Alpes)kam ich am 13. Oktober 1945 (es war mein Namenstag) nach Veynes in den Hochalpen zum Arbeitseinsatz bei der SNCF. Später fand ich dort einen Job als Dorfelektriker. Mein Patron Jules Renouard wurde mir ein fast väterlicher Freund; er hat mir Anfang Januar 1948 die Flucht ermöglicht. Seine Tochter Juliette habe ich vor vier Jahren besucht; es war ein frohes Wiedersehen.

Der Bericht von Dag Krienen entspricht ganz meinen Erfahrungen. Allerdings starben die meisten Gefangenen nicht in den erwähnten Lagern, sondern später an Erschöpfung in den Hungerlagern; besonders hoch war die Sterblichkeit in Gap. Meinen Liegeplatz ohne Baracke und Zelt habe ich im Garten des jetzt bischöflichen Ordinariats wiedergefunden. Die Sterblichkeitsrate betrug nach meiner Schätzung dort etwa ein Prozent pro Woche.

Im Krieg war ich im Rahmen der Funkaufklärung der Luftnachrichtentruppe eingesetzt, wo ich es bis zum „Geheimnisträger erster Ordnung“ brachte. In Kütei in Tirol erlebte ich das Kriegsende; vorher war ich ordnungsgemäß (!) aus der Wehrmacht entlassen worden. Mit General Gehlen geriet ich gleichzeitig nach dem Waffenstillstand in Gefangenschaft. Möglicherweise bin ich der letzte Zeitzeuge des Regiments Legion Condor. Auf einem Gefangenentransport von Innsbruck nach Heilbronn habe ich zuletzt meinen Regimentskommandeur Rückheim gesehen, wie er uns mit seinem Dienstwagen in Begleitung amerikanischer Offiziere überholte. Die ranghöheren Offiziere sollen den FBI-Grundstock gebildet haben, so las ich kürzlich in einem Buch.

Prof. Dr. Eduard Schmäing, Ludwigshafen






Zu: „Mehr versprochen als gehalten“ von Dieter Menke, JF 24/20

Widersprüchliche Darstellung

Die Überschrift paßt ebenso nicht zum Tenor des größten, sachlich referierenden Teils des Textes wie der letzte Absatz, in dem mit einer typisch grünen Argumentationsvolte die davor referierten Sachverhalte wieder vom Tisch gewischt werden. Kein ernsthafter Pflanzengenetiker hat jemals eine „eierlegende Wollmilchsau“ auf dem Gebiet der Pflanzengenetik versprochen oder auch nur für erstrebenswert gehalten. Diese Behauptung hat aber der vom Autor offenbar geschätzte Herr Potthoff selbst als eine Art „Pappkamerad“ aufgebaut, um ihn dann zur Freude des Autors zu erlegen. Leider kein Beispiel für Qualitätsjournalismus.

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Althoff, St. Wendel






Zu: „Der Tabubruch“ von Bruno Bandulet, JF 23/20

Beschwiegene ID-Impfung

Ein anderes Tabu wurde in der JF bislang leider nur unzureichend reflektiert: Es ist die von Bill Gates unterstützte Kampagne zur „digitalen Identität“ (www.id2020.org), die Sie bislang nur am Rande (JF 21/20, „Abseits demokratischer Kontrolle“) gestreift hatten. Im BBC-Frühstücksfernsehen hatte Gates „technische Innovationen“ prophezeit wie etwa die am – ebenfalls von Gates mitfinanzierten – MIT entwickelten Quantenpunkte, die per Impfung unter die Haut injiziert werden und welche die auslesbaren Kranheits- und Impfdaten der Personen enthalten. Dazu O-Ton Bill Gates: „We don’t want people travelling arount without a digital vaccination certification.“ Würden die Menschen hierüber aufgeklärt, hätten sie wohl mehr Angst vor dieser ewigen Identitäts-Impfung als vor dem Virus. Zudem ist in der JF in jüngster Zeit häufig von „Verschwörungstheorie“ die Rede. Wer die kritische Chronologie über die Entstehung der „Pandemie“ unter dem Titel „Die Angststrategie“ von Matthias Müller im PAparazzi-Magazin (siehe: http://file.pa-parazzi.de/2020-05/SK.pdf) liest, kann den Vorwurf der „Verschwörung“ nur noch als Totschlagargument betrachten.

Lorette Tietze, Königsmoos






Zu: „Der unausweichliche Konflikt“ von Dieter Stein, JF 23/20

Politischer Lockdown vs. „Rechts“

Ist die politische Quarantäne unvermeidlich? Man kann die Diagnose stellen, daß ein paar Unbelehrbare, Unvernünftige, die Zukunft der AfD gefährden. Man kann fordern, die „Unvernünftigen“ auf Abstand zu halten, weil man den Konflikt für unüberwindbar hält. Aber man sollte Ursache und Urheber des Konflikts nicht aus dem Auge verlieren. 

Wo die Grenze zwischen Vernunft und Irrweg, zwischen „Gemäßigt-Rechts“ und „Zu-weit-Rechts“ liegt, das entscheidet in unserem Lande eine einzigartige Instanz: unser Verfassungsschutz (VS). Er wacht über Gesundheit und Vernunft im politischen Leben, er stellt die Diagnosen, er bestimmt, wem man nicht zu nahe kommen darf, weil Infektionsverdacht besteht. Wen er mit dem Bann belegt, der versinkt in sozialer Isolation. Wer einmal in Verdacht geraten ist, bleibt es. Seine Äußerungen werden registriert, seine Infektions-Symptome und Kontakte kontrolliert. Wer den Falschen jemals zu nahe gekommen ist, der landet in Quarantäne. An den politischen Lockdown gegen „Rechts“ haben wir uns gewöhnt. An Kaskaden von Verdacht und Distanzierung ebenso. An eine beständige Linksverschiebung auch. Wer kennt die Zahl der Ausgegrenzten, Verschwundenen, der Personen und Positionen? Ein Inlandsgeheimdienst mit derart weitreichendem Einfluß, der einen permanenten Schauprozeß gegen alle führt, die die politischen Abstandsgebote nicht einhalten, ist einmalig in der westlichen Welt. Ein deutscher Sonderweg.

Dr. Lothar Karschny, Krefeld






Zur Meldung: „Corona: Thüringen will Vorschriften lockern“, JF 23/20

Corona-Tod durch Isolation

Im Jahr 1943/44 wurde mein Onkel aus Dresden als 16jähriger an die Ostfront eingezogen. Ein Unterfangen, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wiederzukommen. Daheim die Mutter mit einem kleinen Nachzügler, der Schwester des Onkels – meine spätere Mutter. Ein weiterer Nachzügler sollte im Februar, dem Monat des Bombenangriffs auf Dresden, folgen ... Der Vater des Onkels und meiner Mutter war ebenfalls an der Ostfront und hatte im Ersten Weltkrieg als frischgebackener Abiturient schon Verdun überlebt. Als mein Onkel als einer der Allerletzten aus sowjetischer Gefangenschaft wiederkam – was in der DDR wesentlich später war als im Westen –, war er ein erwachsener Mann mit zerstörter Jugend und hatte daheim zwei kleine, 16 bis 18 Jahre jüngere Geschwister. Da der Vater nach zwei Weltkriegen, einer Weltwirtschaftskrise und einer zerstörten Selbständigkeit ein seelisch gebrochener Mann war, übernahm mein Onkel auch teilweise die Erzieher-Rolle für die beiden Kleinen. Außerdem hatte die Familie völlig verarmt, nur das was man auf dem Leib trug und obdachlos, den Bombenangriff überlebt. Kein Wunder also, daß die Geschwisterbeziehung zwischen meinem Onkel und seiner kleinen Schwester (meiner Mutter) sowie dem noch kleineren Bruder eine besonders innige war. Die Kindheit, die Jahre nach dem Krieg, der Überlebenskampf der Familie waren ein Leben lang prägend! 

Im Mai 2020 wurde der Onkel in Dresden 93. Eine Geburtstagsfeier, wenn auch nur eine kleine, sollte Corona wegen nicht stattfinden – dabei kann mit 93 jeder Tag der letzte sein. Nun zeigte aber die Corona-Gehirnwäsche ihre Erfolge, die Kinder des Onkels wollten keine (kleine Familien-)Feier. Das muß man nicht verstehen, aber man muß akzeptieren ... Und es kam so, wie es kommen mußte: Kurz vor dem Geburtstag stürzte der Onkel mehrfach und kam ins Krankenhaus. Dort stürzte er erneut, er kam zwischenzeitlich auf die Intensivstation. Besuche waren tabu, auch für fünf enge Angehörige wie meine Mutter. Es mußte davon ausgegangen werden, daß der Onkel das nicht überlebt – er war 93 (!) und hätte lieber seine Schwester nochmal gesehen. Corona-Irrsinn hin oder her. Am letzten Wochenende ist mein Onkel eingeschlafen. Die Geschwister haben sich nicht noch einmal gesehen – obwohl es ein Tod mit Ansage war und auch genügend Zeit für meine Mutter, nach Dresden zu fahren. Nun hat sie ihren großen Bruder, mit dem sie so viel verband, dem sie so viel zu verdanken hatte und mit dem sie das gemeinsame Nachkriegstrauma teilte, nicht noch einmal sehen dürfen. Einer hirnrissigen Corona-Politik sei Dank.

Albrecht Krenbauer, Langenwetzendorf






Zu: „Kippunkt der AfD“ von Dieter Stein, JF 22/20

Einstellige Ergebnisse

Bereits Anfang 2013 bin ich in die neugegründete AfD eingetreten, da die kritische Argumentation der Herren Lucke, Henkel, Starbatty, von Sinn, Otte zur unsäglichen Griechenlandrettung sehr überzeugend war und in den Altparteien schon damals die „Alternativlosigkeit“ gepflegt wurde. 

Man kann die Dinge nun drehen und wenden wie man will: Der „Flügel“ samt unkluger Aussagen vieler AfD-Vertreter bietet Parteigegnern – und das sind außer den AfD-Wählern alle anderen – permanent Angriffsflächen. Nur zu sagen, es sei egal, wir sind sowieso immer die Bösen, ist weder schlau noch zielführend. Wenn es so weiterläuft wie bisher, wird die AfD über einstellige Wahlergebnisse nicht mehr hinauskommen und nur noch als rechts-gestrige Protestgruppierung wahrgenommen ohne jegliche Chance über zusätzliche bürgerliche Stimmen in die Verantwortung zu kommen. Dies wäre nicht mehr meine AfD. So leid es mir tut – wenn persönliches Machtstreben und wehleidige Eitelkeiten wichtiger sind als der Gesamterfolg der Partei (wir wollten es immer besser machen als die anderen), wird sich unsere linkslastige Republik erneut ins Fäustchen lachen.

Alfons Reiter, Wielenbach




Solidarität von der Linken lernen

Ich wünsche mir, Dieter Stein behält recht und die AfD fährt jetzt auf dem Gleis, das die Partei langfristig zum Erfolg führt. Für die Zukunft kann ich aber nur raten, daß die Partei mehr zusammenhält. Die Feindseligkeit der Gegner ist es nicht wert, daß noch weitere Parteimitglieder „gegangen werden“. Hier von den Linken zu lernen hieße, trotz grober Fehler zusammenzuhalten.

Alexander Hassan, Mainz






Zu: „Unbequeme Einsichten“ von Konrad Adam, JF 22/20

Fortschritt gebiert Dekadenz

Es ist schon merkwürdig: Bis jetzt ist noch jede Hochkultur wieder verschwunden. Also Nationen, Kulturen oder Menschen, die hervorragende Dinge schufen, für die unsere Moderne keine Erklärung hat und die sich daher fragt: „Wie die das wohl bewerkstelligt haben?“ Doch in welchem Stadium befinden wir uns gerade? Fortschritt gebiert Arbeitserleichterung und führt zur Bequemlichkeit. Ohne Tätigkeit wird keine Erkenntnis gewonnen. Ohne fortschreitende Erkenntnisse auch keine weiteren Fortschritte. So mündet Bequemlichkeit in Faulheit und diese in Unvermögen. Eine Abwärtsspirale. Fortschritt gebiert Dekadenz, es sei denn, man erkennt dies und unterbricht diese Spirale. „Unsere Kinder sollen es mal besser haben“ erscheint da als völlig falscher Ansatz! Nur wer sich um etwas wirklich bemühen und kämpfen muß, und sei es ein gerechter Abschluß seiner Ausbildung, der weiß das auch zu schätzen. Wer den „Nicht-Leistungsträger“ zum Maß aller Dinge wählt, pervertiert den Gedanken des Sozialstaats.

Sven Langheinrich, Zimmerermeister, Mohlsdorf






Zum Schwerpunktthema: „Am Nullpunkt“, JF 20/20

Aktueller Befehl: Weitermachen!

Jahrgang 1934, zähle ich mich wohl zu den letzten Zeitzeugen der Pogrome derTschechen an uns „Volksdeutschen“ im Mai 1945. In Brünn geboren, zog meine Familie 1939 nach Prag um, wo mein Vater, damals arbeitslos, eine Anstellung als Kraftfahrer beim „Reichsprotektor“ Reinhard Heydrich fand, ohne zu ahnen, wer denn sein künftiger Arbeitgeber wohl sein mochte. Im Dezember 1944 wurde er dennoch an die Front beordert, geriet prompt in sowjetische Gefangenschaft, aus der er 1948 nach Frankfurt am Main entlassen wurde. 

Zurück zum Mai 1945. Am 8. Mai mußten meine Mutter (Tschechin), meine Schwester und ich die Wohnung in der Veverkova 14, im Bezirk Prag 14, verlassen (mit vielen Familien); wohlgemerkt nur Frauen und Kinder, tagelang über Schulen, Filmtheater verteilt, schließlich auf dem Strossmayer-Platz zusammengetrieben. Von dort ging es dann im Fußmarsch zum Bahnhof Bubny, wo wir zu Hunderten in offenen Viehwaggons gepfercht, zwei Tage später in das Lager Stetice, einem Dorf nördlich von Prag, transportiert wurden. Hier durften wir, an umliegende Bauernhöfe verteilt, landwirtschaftlich arbeiten. Im Juli 1945 gelang es beiden tschechischen Brüdern meiner Mutter, meine Schwester und mich aus dem Lager freizubekommen. Meine Mutter mußte noch im Lager verbleiben, um wohl ihre „Entnazifizierung“ zu überdauern! Schließlich durften wir nach Westdeutschland ausreisen! Aber das ist eine andere Geschichte.

Noch zu meiner Person: Nach sechs Jahren Dienst bei der Luftwaffe der Bundeswehr betreibe ich leidenschaftlich Luftsport und fliege mit Klubkameraden regelmäßig zum Fliegerlager Strakonice (100 Kilometer südlich von Prag), wo wir seit fast zwanzig Jahren überaus freundschaftliche Beziehungen zu den tschechischen Fliegerkameraden pflegen. Ressentiments? Null!

Hans-Otto Nickmann, München