© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/20 / 19. Juni 2020

Blick in die Medien
Vom Zensor verweht
Tobas Dahlbrügge

Es ist eine Ikone der Filmgeschichte: die Kuß-Szene zwischen Scarlett O’Hara (Vivien Leigh) und Rhett Butler (Clark Gable) in „Vom Winde verweht“. Doch der Film ist angesichts der „Black Lives Matter“-Proteste vorerst im Giftschrank von HBO verschlossen. Die Produktionsfirma, die zum Filmkonzern Warner Media gehört, hat den Klassiker aus seinem Streamingdienst HBL Max verbannt. Das Südstaaten-Epos werde jedoch nicht gelöscht, sondern mit erklärendem Begleitmaterial versehen, das über die „rassistischen Vorurteile“ aufklären soll, die den Film angeblich kontaminieren. Ironie der Geschichte: Für ihre Rolle der Sklavin und Hausdienerin „Mammy“ in „Vom Winde verweht“ wurde Hattie McDaniel seinerzeit als beste Nebendarstellerin als erste Schwarze mit dem Oscar geehrt.

Netflix will mehr Serien über Rassismus in den USA veröffentlichen.

Auch andere Anbieter durchforsten nun ihr Angebot. Der US-Sender Fox kippte vorauseilend die Reality-Polizeiserien „Cops“ und „Live PD“ aus dem Programm, bei denen seit rund drei Dekaden ein Kamerateam echte Polizisten bei vermeintlich realistischen Einsätzen begleitet. Ebenso lange wird sie dafür von notorisch linken Einflußnehmern für die Darstellung von „Polizeigewalt“ und unverhältnismäßig vieler Schwarzer als Kriminelle gehaßt. 

Die BBC und Netflix bieten die Sketch-Serie „Little Britain“ nicht mehr an, weil dort „Blackfacing“ (Schwarzschminken weißer Schauspieler, um Dunkelhäutige darzustellen) zu sehen war. Netflix kündigte zudem an, vermehrt Serien über die rassische Ungerechtigkeit in den USA zu veröffentlichen und  Erzählungen von „schwarzen Erfahrungen“ hervorzuheben.

Doch viele Zuschauer folgen dem Bildersturm nicht blind: Nur einen Tag nachdem HBO „Gone With The Wind“ aus dem Streamingangebot nahm, stieg der Titel auf DVD und Blu-ray in den USA auf Platz 1 der Amazon-Verkaufshitliste, in Deutschland auf Platz 2.