© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Volksverhetzungsparagraph wird ausgeweitet
Dem Parlament vorgegriffen
Günter Bertram

Der bemerkenswerten Erkenntnis des OLG Köln, der Volksverhetzungsparagraph 130 Strafgesetzbuch habe sich inzwischen zur grenzenlosen („umfassenden“)  Antidiskriminierungsnorm „fortentwickelt“, kann ihre Folgerichtigkeit nicht abgesprochen werden. Dies freilich nicht in juristischer Hinsicht; insoweit lohnt es kaum, die Mängel des Spruchs aufzuzählen und seine Unvereinbarkeit mit Gesetzestext, höchstrichterlicher  Rechtsprechung und schlichter Vernunft herauszustellen.

Doch die spielen für die Kölner Oberlandesrichter auch keine Rolle, weil sie selbst es sind, die das Recht erst einmal fortentwickeln, um dann festzustellen, daß die bösartige, hirnrissige Auslassung des Delinquenten zum jetzt neu kostümierten §130 StGB Kölner Lesart bestens paßt. Die Folgerichtigkeit des Gerichts liegt also darin, daß es heute schon vorauseilend dem Parlament vorgreifend für Recht erklärt, was eine geballte, gut vernetzte und einflußreiche Gendermacht morgen ohnehin durchsetzen wird. Daß es so gehen kann, dafür bietet unser unerschöpfliches Antidiskrimierungstheater Beispiele genug. Vielleicht wird das Bundesverfassungsgericht dem Kölner Spuk zunächst ein Ende setzen – möglich ist es, sicher leider keineswegs!






Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg.