© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Schwere Ausschreitungen in Frankreich
Versagt und kapituliert
Jürgen Liminski

Der Imam sorgte für Ruhe. Erst nach Verhandlungen unter der Vermittlung des Muslimbruders kehrte Ruhe in Dijon ein. Jetzt trat auch die französische Polizei auf den Plan und führt seither Razzien durch – für Innenminister Castaner gilt dasselbe, was die NZZ über seinen Amtskollegen Horst Seehofer sagt: Stimmungssurfer. Vorher hatte Castaner noch in der allgemeinen Kniebeuge-Stimmung seine Sicherheitsbeamten in Zweifel gezogen. Der Bandenkrieg in Dijon – Tschetschenen gegen Maghrebiner – aber öffnete den Franzosen die Augen.

Niemand kritisierte, daß sie auf einmal Razzien durchführen und Menschen mit Migrationshintergrund festnehmen. Auf einmal gehört die Polizei zu den Guten. Beklemmend an Dijon ist zweierlei: Bewaffnete Horden aus anderen Kulturkreisen bekriegen sich am hellichten Tag, da ist Krieg und keiner geht hin. Man kennt das zwar schon aus den Banlieues von Paris, Lyon, Marseille, Nizza oder Straßburg. Aber so offen wie in den ersten Tagen des Bandenkriegs hat die Staatsgewalt noch nicht versagt, genauer: kapituliert.

Und zweitens: Die No-go-Areas waren bisher Zonen der Unsicherheit. Jetzt werden es Gebiete unter fremdem Gesetz, genauer: unter islamischem Recht. Es stellt sich die Frage: Sind die Eruptionen der Gewalt von Dijon (und Stuttgart) nur Folgen einer unkontrollierten Asyl- und Einwanderungspolitik oder schon Vorboten neuer Herrschaftsstrukturen?