© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Viel für wenig
Christian Vollradt

Nach 15stündiger Marathon-Beratung hatten es die Abgeordneten geschafft und an einem frühen Freitagmorgen Mitte November vergangenen Jahres den Bundeshaushalt 2020 präsentiert. 362 Milliarden Euro sollte der Bund dieses Jahr ausgeben dürfen, so das Fazit der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses. Das war zu einer Zeit, als man „Corona“ noch ausschließlich mit einem bierähnlichen Getränk mittelamerikanischer Herkunft verband. Mittlerweile hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) längst die Lizenz zum Mehrausgaben-„Wumms“, mit dessen Hilfe die Bundesregierung die wirtschaftlich fatalen Folgen von Virus-Pandemie und „Lockdown“ mildern möchte.

Was sind angesichts dessen schon 40 Millionen Euro? Diese Summe sollen die deutschen Zeitschriftenverlage erhalten, „zur Förderung der Zustellung von Abonnementzeitungen und Anzeigenblättern“, wie es in dem Antrag heißt, den die Koalitionsfraktionen noch auf den letzten Drücker in die Bereinigungssitzung eingebracht hatten. Der Beschluß sorgte bereits damals für einigen Wirbel (JF 48/19), Kritiker witterten die heimliche Subventionierung einer Branche, in der auch die SPD mit ihrer Medienholding ordentlich mitmischt. Die Zeitungsverleger beklagten, die Zustellung von täglich rund zehn Millionen Blättern an ihre Abonnenten – meist in den frühen Morgenstunden – sei so nicht mehr finanzierbar, auch wegen des Mindestlohns.

Die Finanzspritze wurde dann mit den Stimmen von Union, SPD und Linken gegen die der AfD bei Enthaltung von FDP und Grünen beschlossen. Zunächst aber bleiben die Ausgaben gesperrt, bis die Bundesregierung ein Gesamtkonzept vorlegt. Inzwischen haben sich die Abgeordneten nach einem solchen erkundigt. Und siehe da: der erste Entwurf aus dem Hause Heil war offenbar alles andere als überzeugend. Statt eines fertigen Konzepts lieferte das Arbeitsministerium eher Stoff für neue Fragen. 

So soll noch nicht klar sein, welche Kriterien für eine Förderung erfüllt werden müssen. Was ist mit den Verlagen, die ihre Zeitungen via Post an die Abonennten zustellen. Und müßten regionale „Gratisblätter“ gefördert werden, wenn sie einen redaktionellen Teil enthalten? Was zudem völlig unklar ist: Ist die geplante Förderung überhaupt mit den Richtlinien der Europäischen Union vereinbar? Oder würde dies zu Wettbewerbsverzerrungen – und in der Folge zu Klagen führen? Was ist mit ausländischen Verlagen, die in Deutschland Zeitungen verkaufen? Bekommen diese Verlage dann ebenfalls eine Förderung? 

Ein Widerspruch ergibt sich zudem aus der Zweckbestimmung, nämlich der „digitalen Transformation für Abonnementzeitungen“. Man subventioniert etwas, damit es die Empfänger dieser Hilfsgelder dann langfristig durch digitale Produkte ersetzen können.

Ganze 1,5 Prozent der Zustellkosten  für Zeitungen würden mit der geplanten Förderung gedeckt. Recht wenig Nutzen für ziemlich viel Aufwand. Im Haushaltsausschuß des Bundestages dürfte es bald spannende Diskussionen geben.