© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Illiberale Alternative zur real existierenden Oligarchie
Demokratisierung der Demokratie
(ob)

Ohne Pluralismus keine Demokratie. Denn ohne das freie Spiel der Interessengruppen um die Macht in der „Zivilgesellschaft“ drohe die totalitäre Herrschaft einer Partei. Nicht zum ersten Mal wird dieses Basiswissen politischer Bildung in Frage gestellt, wenn der Wiener Politologe Oliver Marchart kritisiert, diese „Erzählung eines liberalen Scheinpluralismus“ verschleiere nur eine „real existierende Oligarchie“ (Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, 3/2019). Was konsequent sei, denn der Liberalismus, zumal in seiner radikalisierten neoliberalen Gestalt, ist historisch betrachtet antidemokratisch, da auf den Ausschluß möglichst weiter Bevölkerungssektoren aus dem politischen Entscheidungsprozeß bedacht. Aktuell lasse sich das ablesen an der „ungehinderten Überantwortung öffentlicher Meinungsbildung an Medienoligopole, der gezielten Delegitimation politischer Alternativen zum neoliberalen Status quo, der ökonomischen Depravierung immer größerer Bevölkerungsteile, deren politische Partizipationschancen aufgrund sozialer Vorselektion effektiv geschmälert, ja zerstört werden“. Dagegen helfe kein Rückgriff auf marxistische Pluralismuskritik. Vielmehr hofft Marchart auf eine „Demokratisierung der Demokratie“ durch exzessive Ausweitung der Mitbestimmungszonen, allerdings ohne liberalen Pardon gegenüber „religiösen Fanatikern, Nativisten und Identitären“. 


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