© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Frisch gepresst

Karl Kraus. Im April 1899 erschien in Wien das erste dünne Heft einer neuen Zeitschrift namens Die Fackel, von der meinungsführenden Konkurrenz als Totgeburt verlästert. Doch dauerte es bis zum Februar 1936, als nach gut 900 Heften mit 20.000 Seiten Gesellschaftskritik die Fackel erlosch, die zu ihren Glanzzeiten in den 1920ern eine Auflage von 38.000 Exemplaren wöchentlich erreichte. Ihr Gründer, ein 25jähriger Feuilletonist, und, seit 1911, alleiniger Autor, war der  dem deutsch-böhmischen Judentum entstammende Karl Kraus, ein „Ursprungs-Konservativer“ mit Sympathien für die Sozialdemokratie. Frühzeitig verbraucht im Titanenkampf gegen „Bosheit und Dummheit und Hysterie“, starb Kraus am 12. Juni 1936 an einem Hirnschlag. Sein jüngster Biograph, der Münchner Theaterwissenschaftler Jens Malte Fischer, nennt seinen Helden mit jedem Recht den „rabiatesten und wortmächtigsten Kritiker“ des damals einzigen Massenmediums, „der Verdummungsmaschinerie der Presse“. Dessen wütende Dauerpolemik gegen die überparteilich korrupte, die Verbindung von Technologie, Kapital und Medien repräsentierende Wiener „Lügenmaul“-Presse, sei heute „ohne große Korrekturen auf das Internet und seine katastrophalen Folgen“ übertragbar, wie Fischer den Kraus-Verehrer Jonathan Franzen zustimmend zitiert. Und wie das Klassiker so an sich haben, „trifft viel von dem, was Kraus schrieb, unsere Zeit noch genauer als seine eigene“ (Franzen). (wm)

Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Biografie. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2020, gebunden, 1.102 Seiten, Abbildungen, 45 Euro





Kärnten 1920. Nach dem erfolgreichen „Abwehrkampf“ 1918, als südslawische Einheiten Gebiete nördlich der Karawanken dem geschlagenen Österreich entreißen wollten, sollte das Schicksal Kärntens nach Wunsch der Alliierten per Volksabstimmung geregelt werden. Der Journalist Walter Tributsch weist in seinem historischen Exkurs darauf hin, daß nicht nur slawische Kärntner mehrheitlich für Österreich optierten, sondern besonders die Frauen. Den Schwerpunkt seiner Schrift bilden aber die bis in die Gegenwart andauernden Konflikte mit der slowenischen Minderheit, die speziell von links allzu gern politisch instrumentalisiert wurden. (bä)

Walter Tributsch: Kärnten. 100 Jahre nachdem „Mannes-mut und Frauentreu die Heimat sich erstritt aufs neu“. Eckartschrift 240. Österreichische Landsm., Wien 2020, broschiert, 112 Seiten, 9,20 Euro