© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Umwelt
Natur vor der Haustür
Volker Kempf

Der Naturschutzbund jubelt über seine jüngste Zählung der Gartenvögel, da daran 150.000 Interessierte teilnahmen – doppelt so viele wie im Vorjahr. Das sei wohl auf den Corona-Shutdown zurückzuführe. Das Interesse an der Natur vor der Haustür sei angestiegen, weil andere Freizeitmöglichkeiten entfielen. Gezählt wurden über drei Millionen Vögel aus 100.000 heimischen Gärten. Im Spitzenfeld änderte sich nicht viel, Haussperling und Amsel wurden am häufigsten registriert. Die Mauersegler wurden vermehrt gezählt, was nach ihrem Bestandseinbruch 2019 besonders erfreulich ist. Ringel- und Türkentauben gehen mit Bestwerten aus der seit 16 Jahren laufenden Zählung hervor. Auch Buntspecht und Eichelhäher verbesserten ihre Bestandswerte. Rückläufige Werte gab es für den dritthäufigsten Vogel, die Kohlmeise mit 15 Prozent.

Der bunte Bienenfresser wurde in Sachsen-Anhalts Gärten in 199 Exemplaren gezählt.

Die Blaumeise verzeichnete ein Minus von 22 Prozent, was auf eine wohl aus Großbritannien importierte Bakterienepidemie (Suttonella ornithocola, JF 19/20) zurückgeführt wird. Dafür wurden für jeden Postleitzahlenbereich die Veränderungen der Blaumeisenzahlen mit der Anzahl der Krankmeldungen korreliert: Je mehr von toten Meisen berichtet wurde, desto größer waren dort auch die Bestandsrückgänge. In Gebieten ohne gemeldete Totfunde gab es im Mittel auch keinen Rückgang. Betroffen seien auch Rotkehlchen und Goldammer. Der wohl bunteste deutsche Vogel, der Bienenfresser, wurde in Sachsen-Anhalt in 199 Exemplaren gezählt. Auch in den Kaiserstühler Rebbergen und bei Koblenz tauchte er auf, aber nicht bei den Gartenzählungen. Das kann ja noch werden. Für die dezimierten Vogelbestände bleibt zu hoffen, daß sie sich zur Brutzeit gut vermehren. Vogel- und insektenfreundliche Gärten sind hierfür sicher hilfreich.