© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/20 / 03. Juli 2020

Unnatürlich aufgezwungen
„Geschlechtergerechte Sprache“: Aus den Universitäten in Medien, Politik und Kultur eingesickert
Björn Harms

Der Kampf um die Sprache ist im vollen Gange. Mit aller Macht soll die sogenannte geschlechtergerechte Sprache in die deutschen Schreib- und Redegewohnheiten gedrückt werden. Einige Medien gebrauchen die Gendersprache schon seit geraumer Zeit. ZDF-Moderator Claus Kleber spricht im „heute journal“ neuerdings von „Soldat*innen“ – inklusive irritierender Kunstpause und eingeblendeter „Wehrbeauftragte*r“-Grafik im Hintergrund. Auch in den Schriftstücken des Bundestages findet sich immer häufiger das „Gendersternchen“. Am vergangenen Donnerstag hat nun auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beschlossen, künftig in „gendergerechter Sprache“ zu kommunizieren. Das führt zur Frage: Wer hat uns das eigentlich eingebrockt?

Ihren Ursprung hat die Gendersprache in der feministischen Linguistik, einer zunächst randständigen Disziplin, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA entstand und die in den 1970er Jahren auch in die deutschen Universitäten einsickerte. Während in den Vereinigten Staaten das Werk „Sprache und die Rolle der Frau“ (1975) von Robin Lakoff, mittlerweile Linguistik-Professorin an der Universität Berkeley, als die Bibel der feministischen Sprachkritik gilt, war es hierzulande Senta Trömel-Plötz’ Aufsatz „Linguistik und Frauensprache“ (1978), der das Thema erstmals in eine theoretische Diskussion einbettete.

In den folgenden Jahren veröffentlichten jenseits und diesseits des Atlantiks feministische Linguisten immer häufiger sogenannte Guidelines (Richtlinien) für eine „gendersensible Sprache“, die nach und nach auf größere Resonanz stießen. Denn der zunehmende Einfluß linker NGOs und Sozialwissenschaftler ab den 1970er Jahren machte auch vor internationalen Organisationen nicht Halt. Auf der 24. Generalkonferenz der Unesco im Jahr 1987 erhob man erstmals die Forderung einer „nicht-sexistischen Sprache“. Die Mitgliedstaaten nahmen eine Resolution an, die für die „Sichtbarmachung von Frauen in der Sprache“ eintrat, etwa durch die Verwendung femininer Personenbezeichnungen. Elf Jahre später stellte die Unesco bereits umfangreiche Richtlinien für den Gebrauch einer „gendersensiblen“ englischen, deutschen, französischen und spanischen Sprache vor.

Unverbindliche Richtlinien fließen in Gesetzgebung ein

Natürlich waren diese Richtlinien zunächst nicht verbindlich. Dennoch drangen sie in die nationalen Gesetzgebungen ein. In Deutschland etwa folgte das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von 2006 der „Gender-Richtlinie“ der EU. Inzwischen ist es in allen deutschsprachigen Ländern zu einer institutionalisierten Veränderung in Richtung der Forderungen der feministischen Sprachkritik gekommen. Somit wird deutlich: Hierbei handelt es sich nicht um eine sprachliche Revolution von unten, eine natürliche Veränderung der Alltagsdiskussionen, sondern um einen von oben diktierten Eingriff in das Sprachverhalten der jeweiligen Sprachgemeinschaft.

Der Philosoph Steffen Kitty Herrmann stellte schließlich 2003 in der Zeitschrift arranca! in seinem Essay „Performing the Gap – Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung“ das „Gender Gap“ (Lehrer_innen) vor, das nicht nur männliche und weibliche, sondern auch „nichtbinäre“ Geschlechtsidentitäten einbinden soll. In den späten 2000er Jahren kam zusätzlich das sogenannte Gendersternchen (Lehrer*innen) hinzu.

Aus den Universitäten – eine frühe Erwähnung des Sterns findet sich etwa 2009 im „Leitfaden zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch“, entworfen an der Universität Wien – floß auch diese Entwicklung in die Politik über. Bei den Grünen ist der Genderstern seit einem Parteitagsbeschluß von 2015 der Regelfall. Zwei Jahre später führte der Berliner rot-rot-grüne Senat das Symbol als erstes Bundesland in amtlichen Schriftstücken ein.


Wie heißt es denn nun?

„Bund der SteuerzahlerInnen“ (Anne Will in ihrer gleichnamigen Sendung am 25. Mai) 

„Bund der SteuerInnenzahler“ (Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock in derselben Sendung nur wenige Minuten später)


Wie sag ich’s richtig?

„In geschlechterumfassenden Formulierungen können der Gender Gap_ und das Gender-Sternchen* sprachlich durch eine kurze Pause an der Stelle des Unterstrichs oder Sternchens hörbar gemacht werden. (Wie Expert*Pause*innen 

sagen …)“

Aus dem „Leitfaden für gendersensible Sprache“ der TU Berlin


Diese Wörter müssen weg

„Scheinbar neutrale Fürwörter wie ‚jeder’ oder ‚keiner’ lassen sich ersetzen durch ‚alle’, ‚niemand’ oder ‚viele’.“

Aus der NDR-Broschüre „Sprache schafft Bewußtsein“


Glossar der Absurditäten

Neben Genderstern und Unterstrich gibt es noch weitere skurrile Vorschläge. Diese finden wir etwa im Leitfaden „Was tun?“ der AG Feministisch Sprachhandeln der Humboldt-Universität zu Berlin. 


x-Form

„Das ‚x‘ signalisiert ein Durchkreuzen herkömmlicher gegenderter Personenvorstellungen“, heißt es im Leitfaden. „Diese Form wird angewendet, wenn die Frage, ob die gemeinten Personen weiblich, männlich, inter* oder trans* sind, in einem 

Kontext keine Rolle spielt. Beispiel: Lehrx, Lehrxs. (gemeint ist das Wort Lehrer)


a-form

Die A-Form dient der „Frauisierung von Sprache“, um mit „männlich geprägten Assoziationen“ zu brechen. Endungen mit -er werden in 

bestimmten Fällen durch ein -a ersetzt. Beispiel: „Unsa Lautsprecha ist permanent auf Demos unterwegs. Ea erfreut sich hoher Beliebtheit.“


Dynamischer Unterstrich

Ein dynamischer Unterstrich wird verwendet, um mit der Vorstellung zu brechen, „es gäbe nur Frauen und Männer“. Er wandert recht willkürlich zwischen den Buchstaben, um zu zeigen, daß der „Bruch in Mann und Frau“ ebenfalls willkürlich ist. Beispiel: „We_lche Mita_rbeiterin will i_hre nächste Fortbildung zu antidiskriminierender Lehre machen?“