© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/20 / 03. Juli 2020

„Rechtssein“ kommt gerade bei der Jugend an
Flandern: Während andere Rechtsparteien in der EU im Zuge der Corana-Krise Federn lassen, befindet sich der Vlaams Belang im steten Aufwind
Mina Buts

Selbstbewußt verkündet Tom Van Grieken, Chef des Vlaams Belang (VB), sein Ziel für 2024: „Wir wollen eine nationale Regierungspartei sein.“ Unter seiner Ägide ist die Partei auf dem besten Weg dahin: 27,7 Prozent der Wähler würden ihm nach aktuellen Umfragen ihre Stimme anvertrauen, die moderatere Alternative der N-VA könnte immerhin noch auf 20 Prozent der Stimmen kommen. Damit könnten beide gemeinsam eine flämische Regierung bilden. „Eine Umfrage ist natürlich nur eine Umfrage, aber sie zeigt schon das Vertrauen der Wähler in unsere Partei“, so Van Grieken gegenüber der JF. 

Klug hatte der Vlaams Belang 2018 gegen den UN-Migrationspakt agiert. Über 150.000 Unterschriften wurden gesammelt, der damals amtierende Staatssekretär für Integration, Theo Francken (N-VA), traute sich nicht mehr, den Vertrag zu unterschrieben, die N-VA kündigte sogar das Regierungsbündnis auf. Seither ist Belgien ohne Regierung, daran konnten auch die Wahlen im Mai 2019 bislang nichts ändern. 

Zu verhärtet sind die Fronten zwischen den linkssozialistischen Wallonen und den rechtsnationalistischen Flamen. Nur aufgrund der Corona-Krise wurde übergangsweise eine Minderheitsregierung aus flämischen und wallonischen Liberalen gemeinsam mit den flämischen Christdemokraten installiert. Ihnen wurde zwar aufgegeben, bis zum September für eine stabile Regierung in Belgien zu sorgen, diese ist aber weiterhin nicht in Sicht. 

Grundkonsens bleibt aber, daß der wallonische Wahlgewinner, die linksradikale PS, sich weigert, mit der N-VA überhaupt nur zu reden. Neuwahlen für eine belgische Regierung scheuen alle. Die Zerrissenheit des Landes würde nur noch weiter zementiert. Für eine Beteiligung an einer belgischen Regierung stünde der VB ohnehin nur bereit, wenn es – wie Van Grieken erklärte – die letzte belgische Regierung vor der Abwicklung des Landes wäre. 

Corona wütete in Belgien besonders brutal.10.000 Tote, wochenlange Grenzschließungen und Ausgangssperren haben aber erneut vor Augen geführt, was im Land eben nicht klappt. Gleich neun Gesundheitsminister hätten die Pandemie in den Griff bekommen sollen. Die Staatsstrukturen sind aber nicht so ausgelegt, daß eine Kommunikation unter diesen vorgesehen wäre oder gar stattfinden würde. 

„Die Corona-Krise hat uns wegen der Stümperei unserer Politiker so hart getroffen; es wurde aber auch einmal mehr deutlich, daß die belgische Regierung nicht in der Lage ist, sowohl Flamen als auch Wallonen gerecht zu werden“, so der 33jährige Van Grieken.

Der Vlaams Belang ist weiter im Aufwind. Mediale Aufmerksamkeit wurde mit Kampagnen gegen eine Straßenbenutzungsgebühr, gegen Fahrverbote und mit der Verteilung von kostenlosen Flandernflaggen erreicht. Gezielt wirbt die Partei in sozialen Medien – allein im Mai 2020 wurden dafür über 100.000 Euro ausgegeben. Das ist aber nur ein Grund, warum die Partei von über 60 Prozent aller Jugendlichen gewählt wird.

Van Grieken hat durch einen neuen Stil „Rechtssein“ in Flandern zu einer Selbstverständlichkeit gemacht. Er habe es sich angewöhnt, beim Betreten eines Raumes immer davon auszugehen, daß alle Anwesenden rechts denken, auch wenn das natürlich nicht immer stimme.

 Genauso selbstbewußt ist auch der Titel seines eben erschienenen Buchs: „Und jetzt ist es an uns“.