Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien wollten Nadia Calviño zur Chefin der Euro-Gruppe machen. In dem Gremium stimmen die Euro-Staaten ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik ab und koordinieren mögliche Hilfs- und Kreditzusagen. Sie entscheiden damit auch über den Verbleib eines Landes in der Eurozone. Nun haben ihnen die kleineren Euro-Staaten nicht die favorisierte spanische Finanzministerin, sondern den irischen Amtskollegen Paschal Donohoe mit zehn zu neun Stimmen gewählt.

Der 45jährige Christdemokrat (Fine Gael-Partei) steht für die Einhaltung stabilitätspolitischer Regeln, Irland hat nach den Krisenjahren wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Nadia Calviño beschwert sich, sie habe die Unterstützung von Ländern bekommen, die für mehr als 80 Prozent der Bevölkerung und der Wirtschaftskraft stünden. Sie beklagt sich also über das Prinzip „ein Land, eine Stimme“, wie es im EZB-Rat ständig gegenüber der Bundesbank praktiziert wird. Die Wahl Donohoes ist ein Aufstand der kleineren Euro-Staaten. Sie sind es satt, die Abmachungen zwischen Emmanuel Macron und Angela Merkel nur noch abzunicken. Seit sich die Kanzlerin in die südeuropäische Phalanx zur Steuerung des Euro eingereiht hat, ist der niederländische Premier Mark Rutte Sprecher der stabilitätsorientierten Euro-Länder.

Der Rechtsliberale steht dafür, daß Geld- und Kreditzusagen nicht in ein offenes Loch geschüttet werden. Er will die Corona-Hilfen mit strikten Auflagen verknüpfen, damit die Eurozone bei einer erneuten Krise nicht wieder mit den bekannten Finanznöten einiger Mitgliedstaaten konfrontiert wird. Damit Deutschland nicht noch tiefer in den Euro-Schuldensumpf hineingezogen wird, sollten wir nicht auf Olaf Scholz und Angela Merkel setzen, sondern auf Mark Rutte und Paschal Donohoe.

Prof. Dr. Joachim Starbatty ist Ökonom und war Abgeordneter des EU-Parlaments.