© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

Die antiliberale Schlagseite der Rock- und Popkultur
Antimoderne Untergangslust
(dg)

Mit der im Juni kurzzeitig aufgeflammten Protestbewegung gegen die gesetzlich verhängten Freiheitsbeschränkungen, mit denen die Bundesregierung auf die Corona-Pandemie reagierte, kommt für Steffen Vogel, Sozialwissenschaftler und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik, zum Vorschein, was sich seit Jahrzehnten auf den „dunklen Seiten der Popkultur“ abspiele (Heft 6/2020). Deren ursprünglich linkes Versprechen laute auf Emanzipation und Nonkonformismus, richtete sich an Gebeutelte und Unterdrückte, die sie ermunterte, gegen das Establishment zu rebellieren. Diese politische Eindeutigkeit sei der Popkultur seit langem abhanden gekommen. Weithin sichtbar werde das in einer Musik, die „dystopische Weltsichten“ vermittle. Die Vogel nicht nur dem Sänger Xavier Naidoo nachsagt, weil er aktuell hinter „Corona“ eine Weltverschwörung wittere. Auch „rechtsoffene Rockbands“, Black Metal, angesiedelt zwischen keltischer Mystik und Neonazismus, oder der „verbreitete Sexismus im HipHop“ gehörten zu den popkulturellen Exponenten „antimoderner Zivilisationskritik“. Phantasien mit kräftiger „antiliberaler Schlagseite“ liefere auch das vor allem in den USA haussierende, Untergangslust befriedigende Zombie-Genre. In allen Varianten spiegelten diese „freiheitsfeindlichen“ Phänomene auch den emotionalen Zustand der hoch verunsicherten westlichen Gesellschaften. Und polarisiert und orientierungslos, wie diese gegenwärtig seien, entlüden sich in der Popkultur Ängste und Wünsche, in denen sich „apokalyptische Sehnsüchte und männliche Selbstermächtigungsphantasien“ mischen. 


 www.blaetter.de