© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

Manifest des Rock
Musikgeschichte: Vor vierzig Jahren erschien das legendäre AC/DC-Album „Back in Black“
Alexander Graf

Das bekannteste Stück der australischen Rockband AC/DC ist unbestritten „Highway to Hell“. Das Lied von dem gleichnamigen, 1979 erschienenen Album hat seinen festen Platz im popkulturellen Gedächtnis des Westens. Unauslöschlich verbunden ist damit die Stimme von Sänger Bon Scott, der am 19. Februar 1980 nach einer durchzechten Nacht in London im Alter von 33 Jahren an einer Alkoholvergiftung starb.

Der Verlust ihres Mitstreiters traf die Musiker hart. Scotts Vater nahm nach der Beerdigung Rhythmusgitarrist Malcolm Young zur Seite und sprach ihm Mut zu. Sie sollten die Band auch ohne seinen Sohn weiterführen. Sein Bruder Angus Young, der andere AC/DC-Gitarrist, sagte rückblickend, das habe ihnen die Kraft gegeben, weiterzumachen. Sie hätten das Gefühl, daß sie Bons Segen hatten, äußerte er gegenüber dem Rockmagazin Louder Sound.

Schon am 25. Juli 1980 lieferte die Gruppe um die Young-Brüder einen Meilenstein der Rockmusik ab. Mit „Back in Black“ präsentierten sie ihren Fans nicht nur eine „grandiose Ehrerbietung“ an Bon Scotts Vermächtnis, wie es in einer Rezension hieß, sondern auch den neuen Sänger Brian Johnson. Die Platte sollte mit bis heute weltweit über 50 Millionen verkauften Exemplaren zum erfolgreichsten Hardrock-Album werden.

Höllenglocken läuteten den Aufstieg ein

Aufgenommen wurde das Album mit seinen zehn Titeln in den Compass Point Studios auf den Bahamas. Ein dramatisches Gewitter inspirierte Johnson damals zum Text des Eröffnungsstückes „Hells Bells“. Als Blitz und Donner über der Karibik tobten, notierte der Sänger: „I’m a rolling thunder, a pounding rain, I’m coming on like hurricane.“ In einer Nacht war das Stück im Kasten.

„Hells Bells“ klingt mit seinen einleitenden Glockenschlägen und dem schleppenden Riff düster und läßt an den verstorbenen Kollegen denken. Nach dem epischen Auftakt zeigen auch die übrigen Kompositionen AC/DC von ihrer stärksten Seite. Stampfender Rock, exzessive, packende Gitarrensoli und der Reibeisengesang ihres neuen Frontmannes, der ein mehr als würdiger Nachfolger wurde. 

Der Produzent des Albums, Tony Platt, der schon bei „Highway to Hell“ im Studio dabei war, erinnerte sich später in einem Gespräch mit dem Musiker-Fachmagazin Gitarre & Bass daran, daß sich Johnson als Neuling anfangs nicht wohlfühlte. „Natürlich war er nervös, aber es lag nie die Befürchtung in der Luft, daß er der Sache nicht gewachsen sein könnte. AC/DC ist eine große Familie.“ Seine neuen Mitmusiker unterstützten ihn nach Kräften.

Für den 1947 in der damaligen Arbeiterstadt Newcastle geborenen Brian Johnson, der in den siebziger Jahren mit seiner britischen Band Geordie ein paar kleinere Erfolge hatte, war „Back in Black“ der Beginn seiner Karriere und AC/DC hob die Platte auf ein neues Level. Die Bedeutung des Albums betonten sowohl Musikpresse als auch andere Musiker. So zog Guns n’Roses-Gitarrist Slash später den Hut vor den Australiern und bekundete, mit dieser Platte hätten sie den Rock’n’Roll gerettet.

Auch auf den Bühnen konnten die neuen Stücke die Fans überzeugen. So sind nicht nur das Titelstück und „Hells Bells“ sowie „You shook me all night long“ zu Klassikern geworden. Mit dem bluesigen „Rock and Roll ain’t noise pollution“ kreierten die Australier zudem ein Zitat, das zugleich eine trotzige Stellungnahme ist.

Selbst Pop-Sängerin  Shakira singt ihre Stücke

Die Tour nach Veröffentlichung von „Back in Black“ endete für den neuen Sänger mit einem besonderen Moment, als sie im Februar 1981 wieder in Australien spielten. Nach ihrem Konzert in Sydney kam Isa Scott, die Mutter seines Vorgängers am Mikrofon von AC/DC, zu Johnson. „Unser Bon wäre so stolz auf dich gewesen“, sagte sie ihm. Etwas zurückhaltender formulierte es später Bon Scotts Sohn Ben in einem Interview mit dem Magazin Rock Classics. „Einige von Brians Bemühungen sind absolut außergewöhnlich.“

Welche Bedeutung „Back in Black“ für Musiker unterschiedlichster Stilrichtung hat, zeigt sich auch daran, wer die Stücke nachspielt. Es mag wenig verwundern, wenn die US-Rockband Aerosmith oder die Thrash-Ikonen von Metallica die Klassiker meist als Zugaben ihrer eigenen Konzerte präsentieren. Daß die Death-Metal-Band Six Feet Under das gesamte Album genretypisch aggressiver nachspielte, belegt nur, wie prägend es auch für Musiker der extremsten Genres war. Aber auch die Pop-Sängerin Shakira zollt den fünf wackeren Australiern ihren Tribut und singt ihre Stücke live nach.

Nach Jahrzehnten weiterer Alben und weltweiter Tourneen erschien 2014 mit „Rock or Bust“ das bislang letzte AC/DC-Album. Ob das Quartett jedoch nach dem Tod von Bandmitgründer und Songwriter Malcolm Young im November 2017 und mehreren Umbesetzungen noch einmal auf die Bühnen zurückkehren wird, ist fraglich. Immerhin kursieren in der Branche seit geraumer Zeit Informationen, wonach möglicherweise noch in diesem Jahr ein neues Album erscheinen soll. Zur offiziellen Besetzung der Band zählt Johnson, der seit Jahren Probleme mit seinem Gehör hat, jedenfalls immer noch. Jener Mann, der im Sommer 1980 die Fans der Band im Sturm für sich gewinnen konnte und mit seiner rauhen, krächzigen Stimme den Klang von AC/DC seit vier Dekaden prägt.