© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/20 / 31. Juli 2020

Sie verleumden dich!
Gesinnungswächter: Öffentlich-rechtliche Medien (be)richten immer schamloser
Michael Paulwitz

Muffig wie die verbrauchte Luft unter einer „Alltagsmaske“ ist das Meinungsklima in Deutschland schon seit geraumer Zeit. Der abgestandene Mief des Konformismus und der freiwilligen Selbstgleichschaltung lähmt den öffentlichen Diskurs; die Rede- und Meinungsfreiheit sucht sich alternative Ausweichräume und nimmt die Aura des Subversiven an. Die Geschwindigkeit, mit der sich die letzten Bereiche des Privaten und Persönlichen in durchpolitisierte Minenfelder verwandeln, in denen ein falsches Wort und ein einziger Fehltritt bereits die soziale Existenz kosten können, läßt selbst Diktaturerprobte erschauern.

Der Fall des Bundeswehr-Medienoffiziers Marcel B., den das ARD-Magazin „Panorama“ wegen „Gefällt mir“-Markierungen auf seinen privaten Konten in den sozialen Medien als „Rechtsextremisten“ an den digitalen Pranger gestellt hat, ist paradigmatisch für den Schauprozeß neuen Typs, bei dem die Vorverurteilung mit der Anklageerhebung gleich mitgeliefert wird und die dadurch angestoßene Kampagne lediglich noch der Beschaffung weiterer Holzscheite für das Ketzer-Autodafé dient.

Kontaktschuld ist die Währung, böswillige Unterstellung und Gesinnungsriecherei die Methode. Daß ein Individuum vielseitige Interessen, Gesprächspartner und Gedanken haben könnte, ohne sich mit allem und jedem zu identifizieren, ist in der beschränkten Welt der Haltungsjournalisten und Gesinnungstotalitaristen nicht vorgesehen. 

Ihr angestrebtes Ziel ist eine von jeglichem abweichenden und kriminalisierten Wort oder Gedanken gesäuberte Welt, aus der Andersdenkende mitleidlos auszustoßen sind, sofern sie nicht nach Art in Ungnade gefallener kommunistischer Parteikader in sich erniedrigender „Selbstkritik“ zu Kreuze kriechen und um gnädige Wiederaufnahme in den Kreis der Richtigmeinenden unter ideologischer Bewährung flehen. Und oft hilft nicht mal diese. Denn es zählt das Signal, das zur Abschreckung statuierte Exempel im Sinne der maoistischen Devise „einen bestrafen, hundert erziehen“. Beweise und Fakten sind zweitrangig und müssen es auch sein; denn im freien demokratischen Diskurs, in der „offenen Gesellschaft“ im ursprünglichen, liberalen Sinne, kann es keine verbotenen Meinungen geben. 

Die Initiatoren der „Panorama“-Kampagne machen aus ihrer rufmörderischen Absicht auch gar keinen Hehl. Sie bekennen sich sogar explizit zur von ihnen praktizierten „Verdachtsberichterstattung“ und bezeichnen diese als „legitim“. Im Sinne der eigenen politischen Positionierung, versteht sich; hält jemand dagegen und verweist etwa auf die eigenen linksextremistischen Verstrickungen der selbsternannten „Rechtsextremisten“-Jägerinnen, kennt die Empörung kein Halten.

Da werden dann auch bürgerlich-liberale Stimmen wie die Neue Zürcher Zeitung, die mit Befremden über die mediale Hinrichtung eines unbescholtenen Offiziers aus nichtigem Anlaß berichtete, zu „einschlägigen Blättern“, die im Verdachtsjargon in einen Topf mit allem geworfen werden, was den Gesinnungswächtern als „rechtsextrem“ und böse erscheint. Ganz im Sinne linientreuer Kader, für die jeder, der sich nicht der gerade herrschenden Orthodoxie der kommunistischen Lehre unterwirft, eben in der Schublade „Faschist“ landet.

Der Vergleich ist nicht zufällig gewählt. Der sich ausbreitende bleierne Nebel von Inquisition und Gesinnungsschnüffelei, von Generalverdacht und Denunziationsbereitschaft, ist ja nichts anderes als die Vollendung und konsequente Ausformung der diskurshegemonialen Machtergreifung, auf welche die kulturmarxistische Linke seit mehr als einem Jahrhundert hingearbeitet hat und vor deren Vollendung sie jetzt, im späten Merkel-Deutschland, schließlich steht.

Es ist ein Klima, in dem das etablierte Parteiensystem, das den Staatsapparat und seine Machtmittel seiner Kontrolle unterworfen hat, wie ideologisch gleichgeschaltete Blockparteien agiert, deren vermeintlich „bürgerliches“ Ende aus Union und FDP sich die stalinistische Kampfvokabel vom „Antifaschismus“ genauso selbstverständlich zu eigen macht wie die grün-linken Marxisten; in dem eine marxistische Tarnorganisation wie „Black Lives Matter“ den Takt vorgibt und Heerscharen williger und sogar unbezahlter Hilfspolizisten ebenso wie um ihre Geschäfte fürchtende Gastronomen und Gewerbetreibende sich einen Sport daraus machen, mutmaßliche Dissidenten aufzuspüren, zu melden und ihnen ihre Dienstleistungen zu verweigern.

In einem solchen Klima können linksextreme Straßenschlägertruppen und ideologische Stichwortgeber als Pseudo-„Nichtregierungsorganisationen“ auftreten und dabei großzügig von zweckentfremdeten Steuergeldern ausgehalten werden; konnte der teuerste öffentlich-rechtliche Rundfunk aller Zeiten zum beamtenartigen Propagandaapparat umfunktioniert werden, der – wie „ZDF heute“ – radikallinke Glaubenssätze à la „Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße“ als Fakten verkaufen kann.

Es ist ein Gradmesser des Absurden, wenn ein Häuflein junger Mädchen, das in traditioneller Fahrtenkluft Lieder zur Gitarre singend durch sächsische Lande zieht, zu medialer Empörung führt, während das handstreichartige Einkassieren bürgerlicher Freiheiten, der Zusammenbruch der inneren Sicherheit in multikulturalisierten Innenstädten oder der finale Ausverkauf deutschen Volksvermögens für eine europäische Transfer- und Schuldenunion weithin achselzuckend quittiert wird. Die totalitäre Tendenz ist unübersehbar. Doch je maßloser und selbstherrlicher die Repression, desto eher entzieht sie sich selbst die Grundlage.