© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/20 / 31. Juli 2020

Yair Netanjahu. Der Sohn des israelischen Premiers ist für den Konservatismus keine Zier.
Papis Rabauke
Thorsten Brückner

Er ist Bibis Mustersohn. Loyal, angriffslustig und mit denselben Feindbildern ausgestattet, in denen auch sein Vater denkt. Anders als Bruder Avner und Halbschwester Noa tritt er mit seinem politischen Engagement auch ganz in dessen Fußstapfen. Yair war fünf, als sein Vater 1996 das erste Mal in den Amtssitz des Premierministers im Jerusalemer Stadtteil Rehavia einzog. Heute, mittlerweile 29 Jahre alt, lebt er dort wieder – als erstes erwachsenes Kind eines Premiers.

Seine Mission ist dagegen wesentlich internationaler als es sein Wohnort suggeriert: Yair Netanjahu tourt durch die Welt und redet als Lobbyist Israels bevorzugt vor evangelikalen Christen in Europa und den USA. Sein Weltbild ist allerdings nicht nur blau-weiß – sondern vor allem schwarz-weiß: Schuld an allem Übel dieser Welt sind für ihn Linke und Muslime. Anders als sein Vater und sein Onkel, die beide in Eliteeinheiten der Armee gedient haben, sind Yairs Schlachtfeld die sozialen Netzwerke. Das bringt ihm bisweilen ein landesweites Medienecho ein. Frieden könne es im Nahen Osten erst geben, wenn alle Moslems Israel verlassen hätten, schreibt er da schon mal. Facebook sperrte ihn daraufhin vorübergehend. Andere Einlassungen zeigen, daß Yair trotz abgeschlossenen Bachelor-Studiums der Internationalen Beziehungen nicht die hellste Kerze auf der Menora ist: Daß es so etwas wie „Palästina“ nicht gebe, begründete er damit, daß im arabischen Alphabet schließlich kein „P“ existiere. 

Tatsächlich findet sich weder in den Weiten der sozialen Netzwerke noch in seinen Vorträgen irgendein überraschender oder geistreicher Gedanke. Yair gefällt sich in der Rolle als Bibis Propagandapapagei, der unreflektiert mitteilt, was Papa in Wahrheit denkt, doch wegen seines politischen Amtes nicht selbst sagen kann. Im Gegensatz zu anderen hat er gegenüber der europäischen Rechten keine Berührungsängste. Viktor Orbán, Nigel Farage, Geert Wilders und Matteo Salvini wünschte er via Twitter viel Erfolg bei der Europawahl. Einen seiner Tweets, in dem er die Hoffnung äußerte, die „globalistische EU“ möge bald tot sein, griff unlängst der AfD-Europaabgeordnete Joachim Kuhs auf. Die Times of Israel machte Yair daraufhin zum „Posterboy für einen deutschen Rechtsaußenpolitiker“. 

Eine Grenze überschritt der Sohnemann allerdings, als er Demonstranten, die in Tel Aviv gegen die drakonischen Corona-Verordnungen seines Vaters demonstrierten, den Tod wünschte. Bibi distanzierte sich. Doch spätestens seit Beginn des Korruptionsprozesses gegen diesen sind die familiären Reihen wieder geschlossen. Yair, der sein Taschengeld gerne auch in Strip-Clubs durchbrachte, ist wieder in der Rolle, die ihm am besten liegt: im Angriffsmodus, um seinen Vater gegen vermeintlich ungerechtfertigte Vorwürfe einer linken Presse zu verteidigen, die sich gegen die Familie Netanjahu verschworen hat.