© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/20 / 07. August 2020

Deutsche Museen weiten Präsentationen im Netz aus
Geschlossen und trotzdem geöffnet
(ob)

Eugen El, ein Journalist, der über zeitgenössische Kunst und jüdische Gegenwartskultur informiert, macht auf eine Entwicklung aufmerksam, die erst durch die Corona-Epidemie ins Licht der breiteren Öffentlichkeit geraten ist (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 6/2020). „#closedbutopen“ lautete das Schlagwort der Museen und Kunsthäuser seit der Verhängung des bundesdeutschen „Lockdown“. Praktiziert hätten sie jedoch schon vorher, was die Schließung erzwang: die systematische Ausweitung der Internet-Präsentation ihrer Schätze. Einige Museen zeigen schon länger Glanzstücke ihrer Sammlungen im Netz. So verzeichnet etwa das Frankfurter Städel online fast 30.000 Objekte. Das Online-Sammlungsportal der Münchner Pinakotheken bringt es auf 25.000 abgelichtete Gemälde, Skulpturen und Fotografien. Das sei die Routine der letzten Jahre, doch erst im Corona-Ausnahmezustand scheinen sich Museumspädagogen der Vorzüge digitaler Sammlungen bewußt zu werden. Im Netz erreiche man nicht nur ein größeres Publikum, die Museen könnten auch endlich ihre üppigen Depotbestände öffentlich ausstellen. Und das Publikum dürfe am  heimischen Bildschirm einen unverstellten Blick gerade auf jene Meisterwerke werfen, vor denen sich im unruhigen Normalbetrieb der Museen Besucherscharen stauen. Deutsche Kunsttempel wie das Städel hinken jedoch noch hinter Konkurrenten in London und New York her, die Youtube-Kanäle nutzen, um jüngere Menschen anzusprechen und deren Hemmschwellen abzubauen. Die von der älteren Generation noch bemühten Printmedien und TV verlören daher in der Kunstvermittlung ihre strategische Bedeutung. 


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