© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/20 / 14. August 2020

Sie schlagen die Polizei, doch sie meinen Trump
USA: Portland , Seattle oder Chicago – die maskierte Jugend will die „Schwarze Macht“ und setzt selbst die Demokraten unter Druck
Liz Roth

Recht und Ordnung haben Amerikas Großstädte verlassen. Auch mehr als zwei Monate seit Beginn der „Black Lives Matter“-Proteste sind insbesondere Städte wie Portland (Oregon), Seattle und Chicago jede Nacht Vandalismus, Brandstiftung, Plünderungen und jeglicher Form von Gewalt verschiedener Gruppen ausgesetzt. Die Parolen der Aktivisten: „Stoppt Rassismus“, „Schwarze Macht“, dazu  die Forderung, die Polizei nicht weiter zu finanzieren. Auf ihren Plakaten steht „Die Polizei ist böse“, „Setzt der Polizei ein Ende“ bis hin zu „Tötet alle Polizisten“. 

Chicago: 100 Festnahmen und 13 verletzte Polizisten

Diese meist jungen und oftmals maskierten Menschen schlagen Scheiben ein, plündern Geschäfte, verteilen Müll auf den Straßen, sprühen Graffiti an Hauswände, attackieren Passanten mit Farbe, beschimpfen Polizisten und gehen mit Baseballschlägern auf sie los. Immer wieder schmeißen sie Molotowcocktails in Gebäude, um Feuer zu legen. Diese Aktionen werden von den Gruppen live im Internet gestreamt, um das Ausmaß ihrer Zerstörung mit der Welt zu teilen. Nach Angaben der Polizei wurden in Chicago nach Plünderungen und Unruhen am frühen Montag mehr als 100 Personen festgenommen, 13 Beamte wurden verletzt.

Als die Polizei nach 60 Tagen die Ausschreitungen in Portland nicht unter Kontrolle bringen konnte, schickte Präsident Trump Ende Juli Truppen der Bundespolizei. „Was sich nächtlich abspielt, kann nicht als Protest bezeichnet werden. Es ist, nach jedem objektiven Maßstab, ein Angriff auf die Regierung der Vereinigten Staaten“, äußerte sich Justizminister William Barr zum Einschreiten der Regierung während einer Kongreßanhörung. 

Auch der Bürgermeister von Portland, Ted Wheeler, der die Aktivisten über Monate verteidigte, die nächtlichen Gewaltaktionen duldete und ebenfalls Trumps Einschreiten heftig kritisierte, machte nun eine Kehrtwende, nachdem sie eine Polizeidienststelle in Brand setzten und die Polizisten von den Brandstiftern vorsätzlich im Gebäude eingeschlossen wurden. „Wenn so etwas passiert, dann müssen wir von einem Mordanschlag sprechen“, stellte er klar.

Portland verdeutlicht nochmals, wie groß die Spaltung in Amerika ist. Die Trump-Regierung bekommt von den Medien des Mainstreams und der Opposition heftige Kritik für ihre Einschätzung der Lage. Für Jerry Nadler, langjähriger Abgeordneter der Demokraten, ist das, was sie zu den Protesten sagen, „ein Märchen, das in Washington umgeht“. 

Laut CNN verliefen alle Proteste friedlich, bis Donald Trump sich eingemischt habe. In seiner abendlichen Sendung klagt Moderator Chris Cuomo ihn an: „Er sagte, daß die Bundestruppen Eigentum vor gewalttätigen Anarchisten schützen. Es ist pervers, weißen Amerikanern so mit Recht und Ordnung zu schmeicheln. Wenn der Präsident seine Macht mißbraucht, schadet er uns allen.“ Cuomo beharrt darauf, daß laut  örtlichen Behörden das Einschreiten unnötig war. 

Ein völlig gegenteiliges Bild zeigt der konservative Nachrichtensender Fox News. Täglich sendet er Ausschnitte von den Livestreams der Aktivisten und private Aufnahmen, die auf Social-Media geteilt wurden. Nun wurde der Moderator Tucker Carlson zur Zielscheibe und der falschen Berichterstattung bezichtigt, weil er immer wieder diese verstörenden Bilder zeigt. Er wehrte sich gegen die Vorwürfe. „Für CNN ist keine Lüge zu absurd, um sie zu erzählen. Eine perfekte Umkehr der Wahrheit, die der Wahrheit von ‘1984’ würdig ist: Unwissenheit ist Stärke, Freiheit ist Sklaverei, Krieg ist Frieden“, zog er sein Resümee über die Angriffe der Konkurrenz.

„George Floyds Tod wurde benutzt, um einen landesweiten Ausbruch von Gewalt, Zerstörung, Plünderung und in einigen Fällen Tötung zu rechtfertigen“, sagte Carlson. Für ihn ist der tragische Fall von George Floyd nur ein Vorwand von anarchistischen Gruppen gewesen, das Land zu destabilisieren. 

Wenn Mord nicht die Anklage ist, brennt Amerika

Aber auch der Fall selbst wirft ständig neue Fragen auf, die Carlson immer wieder kritisch zum Thema macht. Von der Staatsanwaltschaft unter Verschluß gehaltenes Material der Körperkamera von zwei Polizeibeamten, die an der Verhaftung beteiligt waren, ist nun in die Öffentlichkeit gelangt. Die Aufnahme zeigt Floyds sprunghaftes Verhalten, welches die Polizisten veranlaßte, ihn zu fragen, ob er berauscht sei. Außerdem wird deutlich, daß er sich weigerte, in den Polizeiwagen zu steigen. Schließlich schreit er lauthals und sagt, „er könne nicht atmen“ und daß er lieber auf dem Boden wäre als im Auto. Für Carlson und andere konservative Kommentatoren steht fest, daß das virale Video, das Floyd am Boden liegend zeigt, nicht die ganze Geschichte dargestellt hatte.

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen vier Polizisten wird noch vor der Wahl im November erwartet. „Wenn Mord nicht die Anklage ist, dann brennt Amerika, sogar noch schlimmer als jetzt“, so der konservative Kommentator Michael Knowles. In seinen Augen haben die Medien das Urteil über die Geschehnisse ohne fairen Prozeß, der Berücksichtigung aller Fakten und eine genaue Untersuchung bereits gefällt.