© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Inspirierend, aber mit Dreck am Stecken
USA: Die Demokraten frohlocken über ihre Nummer zwei Kamala Harris, doch auch Trump jubelt mit
Liz Roth

Joe Biden wählt Kamala Harris als seine Nummer zwei. Die Senatorin aus Kalifornien und ehemalige Widersacherin in den Vorwahlen, ist offiziell die Kandidatin der Demokraten für die Vizepräsidentschaft. 

Biden hatte schon vorab angekündigt, daß er eine „farbige Frau“ für die Position auswählen würde. „Die Wahl von Harris ist historisch“, sagt CNN. „Die erste schwarze Frau für das Amt des Vizepräsidenten“, titelt die New York Times. Laut Washington Post sind sie und Biden nun „Trumps größter Alptraum“. Die Tochter eines Jamaikaners und einer Inderin wird als Vorbild und Hoffnungsträgerin für ein vielfältiges Amerika präsentiert. 

Harris ist dennoch eine Überraschung, denn sie galt wegen ihrer kühlen Art und mangelnder Resonanz in den Vorwahlen als nicht besonders populär unter Demokraten. Die Times nennt es ein „politisches Schleudertrauma“, denn die Progressiven, die einst ihre Präsidentschaftskandidatur zum Scheitern brachten, singen nun Loblieder auf sie. Für die Gemäßigten, die ihren Wahlkampf ungleichmäßig und ohne Botschaft empfanden, ist sie nun die Zukunft der Demokratischen Partei. Ihre Mitbewerber hielten sie monatelang für eine schlechte Partie, änderten aber abrupt ihren Kurs. Während der Vorwahlen war Harris auch kein Medienfavorit, jetzt ist sie es doch. 

 „Harris ist pragmatisch und wegen ihrer Herkunft inspirierend“, schreibt die Times weiter. CNN nennt sie „politisch moderat“, und laut Barack Obama ist sie „mehr als vorbereitet für den Job“. Ihr politischer Aufstieg in den vergangegen zwei Jahrzehnten ist lehrbuchmäßig.

2004 wird die Juristin zur Bezirksstaatsanwältin von San Francisco gewählt, sechs Jahre später steigt sie zum Generalstaatsanwalt von Kalifornien auf, und in 2016 sichert sie sich dann einen Sitz im US-Senat. Somit soll Harris das starke Rückgrat der Kampagne des kränklich wirkenden Biden sein. Mit 77 Jahren ist er der älteste Kandidat für die Präsidentschaft in der Geschichte.

Viele Konservative und auch Präsident Donald Trump sind über ihre Wahl erfreut, denn sie halten Harris für äußerst angreifbar und strategisch schwach. Auch ihr Zeugnis als Staatsanwältin fällt in vielen Augen mangelhaft aus. „Die Sache mit Kamala ist, daß sie Dreck am Stecken hat und zwar von Anfang an. Ihre Geschichte ist eine Geschichte der Korruption“, sagt der konservative Autor Andrew Klavan in seinem Podcast deutlich. 

Mit Ende Zwanzig begann Harris eine Affäre mit dem dreißig Jahre älteren und verheirateten Willie Brown, langjähriger Abgeordneter der Kalifornischen Staatsversammlung und späterer Bürgermeister von San Francisco. Durch Brown erhielt sie in den Neunzigern viele hochkarätige und gutvergütete Stellen im öffentlichen Sektor in San Francisco. Die Berufungskommission der Arbeitslosenversicherung zahlte ihr 400.000 Dollar. Dann ernannte Brown sie in die Kommission für medizinische Hilfe in Kalifornien, wo sie 99.000 Dollar pro Jahr für die Teilnahme an zwei monatlichen Sitzungen erhielt. Auch ihre Wahl zur Bezirksstaatsanwältin förderte Brown durch seinen politischen Einfluß. 

Für Republikaner ist Harris’ amerikanisches Zukunftsmodell radikal. „Wenn ich es nicht in den ersten 100 Tagen mit dem Kongreß schaffe, dann werde ich per Durchsetzungsverordnung alle Sturmgewehre verbieten“, verkündete sie in der Talkshow von Jimmy Fallon. 

Auf die Frage, ob auch illegale Einwanderer Anrecht auf staatlich finanzierte medizinische Versorgung haben sollten, stellt sie klar: „Für mich haben ‘alle Menschen’ in diesem Land das Recht auf die öffentlichen Dienste.“  „Ein undokumentierter Einwanderer ist kein Krimineller“, schrieb sie zuvor bei Twitter.