© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Durchhalten, Kerstin!
Moritz Schwarz

Ein bißchen Kranksein ist mitunter ganz gesund“, scherzte bekanntlich der alte Virchow. Doch in Corona-Zeiten verzichten wir gerne darauf! Deshalb hatte im März natürlich auch die JF, wo möglich, auf Heimarbeit umgestellt. Für die wenigen Verbliebenen war das Wandeln in den verwaisten Weiten fast wie Urlaub: himmlische Ruhe und vor allem kein Anstehen am Kaffeeautomaten, für einen Platz in der Redaktionsküche oder dort, wo auch der Kaiser ...

Seit Ende des großen Stillstands herrscht wieder Leben in den lichten Hallen. Und jene, die erst frohlockten, sich morgens das Bahnfahren, tagsüber nervige Kollegen ersparen zu können, bekennen: ständig zu Hause sei mit der Zeit auch ziemlich ... „Jedenfalls schön, wieder hier zu sein!“

Doch nicht alle sind erlöst – Kollegin Kerstin Jarray, gefährdet durch Vorerkrankung, schmachtet weiter in „Einzelhaft“ à la Monte Christo. Zwar wird täglich mit ihr telefoniert, doch was es heißt, sich dauerhaft von jedem und allem radikal fernhalten zu müssen, können wir, die mit Maske und Abstand durchs Leben kommen, nicht ermessen. Kerstins Berichte machen auch deutlich, wie unsolidarisch jene sind, die durch Fehlverhalten Corona verlängern und die Schwächsten zu noch mehr Monaten in „heimischer Hölle“ verdammen!