© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Kabinenklatsch
Kicken unterm Zeichen des Halbmonds
Ronald Berthold

Es ist erst ein Dreivierteljahr her, daß die Istanbuler Polizei Mönchen­gladbacher Fans drangsalierte und Hunderte von ihnen nicht ins Stadion von Erdogans Lieblingsklub Basaksehir ließ. Ihr Vergehen: Sie hatten Flaggen ihrer Stadt mit zum Europa-League-Spiel gebracht. Darauf ist ein Kreuz zu sehen. Nur 50 Kilometer entfernt von Gladbach liegt Köln. Und der dortige FC brüstet sich nun, besonders weltoffen, antirassistisch und tolerant zu sein. 

Deswegen habe er neben dem stilisierten Dom die Silhouette der Ehrenfelder Ditib-Großmoschee in sein Auswärtstrikot eingewebt. Jenes islamische Gotteshaus, zu dessen Einweihung Erdogan kam. Selbstverständlich erhielten die Ungläubigen um Ex-OB Schramma keine Einladung zu der Pomp-Veranstaltung. Die Betreiber blieben lieber unter sich. Dabei hatten der CDU-Politiker und seine Gehilfen in anderen Parteien das Megaprojekt gegen jeden Widerstand durchgeboxt und Kritiker über Jahre diffamiert.

Mit dem Toleranz-Credo des „Effzeh“ hat Ditib soviel zu tun wie der Klub mit dem Meisterschaftstitel.

Ditib untersteht Erdogans Religionsministerium. In der Moschee verkehren auch Prediger der extremistischen Muslimbruderschaft. Mit dem Weltoffenheits- und Toleranz-Credo des „Effzeh“ hat die Organisation so viel zu tun wie der Klub mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Die Fans in der Domstadt flippen jetzt nicht gerade aus vor Begeisterung über das neue Jersey. 

Doch wer das kritisiert, dem legt der 1. FC Köln den Vereinsaustritt nahe. Was wiederum die Presse als „klare Kante“ bejubelt. Im Fadenkreuz stehen nicht die Erdogan-Islamisten, sondern deren Kritiker. Es lebe die Toleranz. Mal sehen, wie weit die geht, sollte sich Köln irgendwann für den Europapokal qualifizieren und auf eine türkische Mannschaft treffen. 

Im Wappen der Domstadt befinden sich nämlich gleich vier Kreuze. Wahrscheinlich wird der FC seinen Anhängern dringend raten, die christlichen Symbole aus Gründen der Weltoffenheit zu überkleben oder auf die Fahne ganz zu verzichten. Wer sich daran nicht hält, ist dann eben ein Intoleranter und sollte den Verein besser verlassen.