© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/20 / 28. August 2020

Große JF-Umfrage zu Corona
Das Land ist gespalten
Dieter Stein

Die meisten von uns leben seit Beginn der Corona-Krise im Gefühl wechselnder Verunsicherung. Anfangs wurde die Bedrohung durch den Ausbruch der Epidemie in China von politisch Verantwortlichen kleingeredet, es wurden kaum Vorsichtsmaßnahmen getroffen, der Karneval nicht abgesagt, die Grenzen offengehalten, keine Vorräte an Schutzkleidung und Masken aufgestockt – und dann brach plötzlich Panik aus und eine Vollbremsung wurde eingeleitet. Die Grenzen konnten auf einmal geschlossen werden (was 2015 angeblich nicht ging), das öffentliche Leben weitgehend eingeschränkt, Schulen geschlossen – und Masken waren plötzlich doch hilfreich bei der Eindämmung der Pandemie.


Deutschland hatte offenbar besonderes Glück: Die Bevölkerung erfreut sich insgesamt dank einer hervorragenden Gesundheitsversorgung durchschnittlich guter Kondition, das Virus trifft auf weniger vorgeschwächte Körper als anderswo. Die ursprünglich an die Wand gemalten Hunderttausende von Todesfällen – sie sind nicht zu beklagen. Ist dies allein auf die Abwehrmaßnahmen zurückzuführen? Oder stellt sich der Verlauf der allermeisten Corona-Erkrankungen nun doch weitgehend als relativ harmloser als befürchtet heraus?

Der Wind in bezug auf die Corona-Politik scheint sich hierzulande jetzt zu drehen: Konnte sich die Bundesregierung anfangs auf wachsende Zustimmungswerte stützen, so läßt seit einigen Wochen der Rückhalt merklich nach. Die regierungsnahe Bild-Zeitung bringt es Anfang der Woche auf den Punkt: „Kippt die Corona-Stimmung? Wo Regierungs-Alarmismus und Realität nicht zusammenpassen.“ Um dann durchzudeklinieren, wie widersprüchlich und schwer nachvollziehbar die Maßnahmen im Bund und den Ländern sind.


In der Frage der Einschätzung der Corona-Gefahr geht der Riß quer durch alle politischen Lager, durch Familien und Betriebe. Auch in der JF-Redaktion wird seit Beginn kontrovers gestritten, ob die Gefahreneinschätzung und die Abwehrmaßnahmen richtig sind oder ob wir es mit einer übertriebenen Panikmache zu tun haben.

Vermutlich geht es vielen Lesern unserer Zeitung ähnlich und es wird in der Familie und mit Freunden ähnlich diskutiert. Wenn am kommenden Wochenende in Berlin erneut bei einer Demonstration Zehntausende gegen die Corona-Politik auf die Straße gehen, dann auch deshalb, weil sich das Gefühl verstärkt hat, nicht mehr richtig informiert und mit betreuten Debatten abgespeist zu werden.
In einer großen JF-Umfrage (siehe Seite 7) wollen wir jetzt von unseren Lesern wissen, wie sie über die Corona-Krise denken. Uns liegt an einem möglichst umfassenden Bild über die Stimmung in unserer Leserschaft. Wir möchten über das Ergebnis schnellstmöglich berichten. Herzlichen Dank für Ihr Mitwirken!