© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/20 / 04. September 2020

Zum Milliardär durch Kleinanzeigen
Ebay: Der von Pierre Omidyar gegründete Online-Marktplatz wird 25 Jahre alt / Konkurrenz wächst
Christian Schreiber

Am Anfang jeder Erfolgsgeschichte steht eine Legende. Die des Internet-Marktplatzes Ebay geht so: Pierre Morad Omidyar startet am 3. September 1995 in Kalifornien eine Webseite namens „The AuctionWeb“, auf der Gegenstände meistbietend verkauft werden können. Seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Pamela Kerr sammelt Süßigkeitenspender der oberösterreichischen Firma Pez, die in den USA einen wahren Kultstatus genießen. Der damals 28jährige Sohn einer aus dem Iran stammenden Akademikerfamilie will ihr deshalb den größten Flohmarkt der Welt öffnen.

Die ökonomische Wahrheit ist etwas weniger romantisch und beginnt mit einem kaputten Laser-Pointer. Das war der Artikel, der von dem in Paris geborenen und an teuren US-Privatschulen sowie der Tufts University (Massachusetts) und der University of California ausgebildeten Informatiker eingestellt wurde. Einige Tage später verkaufte Omidyar ihn für 14,83 Dollar. Er fragte den Bieter zur Sicherheit, ob ihm bewußt sei, daß er gerade ein defektes Gerät ersteigert habe. Doch der Käufer war – wie Pamela Kerr – ein Sammler.

Er zahlt Unsummen für politisch korrekte Initiativen

Den heutigen Namen Ebay bekam die Firma erst 1997. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch erst das elektronische Bewertungssystem für Käufer und Verkäufer eingeführt. Bereits ein Jahr später – im Zuge der „New Economy“-Euphorie – erfolgte der Börsengang. Bei einem Ausgabepreis von 18 Dollar stieg die Aktie am ersten Tag bereits auf über 47 Dollar. Omidyar wurde zum Milliardär, die ganze Firma war 1,9 Milliarden Dollar wert. Sein privates Vermögen wird derzeit vom US-Magazin Forbes auf 19,4 Milliarden Dollar geschätzt – das ist mehr als etwa Ex-Google-Manager Eric Schmidt (16,1 Milliarden Dollar) oder der deutsche Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne (umgerechnet 17,6 Milliarden Dollar) laut Forbes-Angaben verfügen, aber nur ein Zehntel des Vermögens von Amazon-Gründer Jeff Bezos.

Aus dem operativen Geschäft hat sich Omidyar längst zurückgezogen, aber noch immer hält er etwa sechs Prozent der Anteile an Ebay und zirka acht Prozent an der früheren Ebay-Tochter Paypal. Auf Haiwaii und in Henderson unweit von Las Vegas lebend sieht sich Omidyar inzwischen als Philanthrop – ähnlich wie sein Freund und Vorbild, der 90jährige US-Investor George Soros. Omidyar wie der gebürtige Ungar pumpen Unsummen von Geld in politisch korrekte Institutionen.

So spendete der Ebay-Gründer schon 2017 etwa 100 Millionen Dollar für „investigativen Journalismus“ sowie den Kampf gegen angebliche „Fake News“ und Haßrede im Netz. „Es ist wichtig, jetzt zu handeln, damit gefährliche Trends nicht zur Norm werden“, erklärt ein Sprecher der Stiftung Omidyar Network damals, ohne allerdings den Namen Donald Trump oder Fox News zu erwähnen. 4,5 Millionen Dollar von Omidyars Stiftung gingen an den auch von Soros unterstützten linksliberalen Rechercheverbund ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists), der den Skandal um die „Panama Papers“ aufgedeckt hatte.

Seit Jahren unterstützt Omidyar – wie der eher „grün“ angehauchte Obama- und Clinton-Unterstützer Eric Schmidt und viele kalifornische Tech-Milliardäre – die US-Demokraten mit großzügigen Spenden. Omidyar war von Beginn an ein erbitterter Gegner des amtierenden US-Präsidenten und sah dessen Siegchancen – deswegen unterstützte er 2016 sogar dessen innerparteiliche Gegenspieler: „Ich denke, der Trumpismus ist gefährlich“, verkündete Omidyar via Twitter, „deshalb spende ich persönlich an den Never Trump PAC, eine seltene politische Zuwendung in extremen Zeiten“.

Im diesjährigen Präsidentenwahlkampf unterstützte der Ebay-Gründer sogar einen 78jährigen Mann, der oft heftig gegen Milliardäre austeilt: den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders, der bei den Vorwahlen aber gegen Joe Biden den Kürzeren zog. Angeblich 250 Millionen Dollar hat Omidyar 2014 auch First Look Media (FLM) zukommen lassen. Das Aushängeschild des Medienunternehmens FLM, das Omidyar mitgründete, ist The Intercept, eine linke Enthüllungsplattform, die für Sanders trommelte und früher mit Berichten des im russischem Exil lebenden „Whistleblowers“ Edward Snowden für Aufsehen sorgte.

Alternativen vervielfätigen sich

Während der Gründer eifrig Politik macht, entwickelte sich das von ihm gegründete Unternehmen zu einem Gewinner der Corona-Krise. Im zweiten Quartal legte der Umsatz verglichen mit dem Vorjahreswert um 18 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar zu. Das gesamte abgewickelte Verkaufsvolumen der Plattform kletterte um 26 Prozent auf 27,1 Milliarden Dollar. Acht Millionen neue Kunden seien in den drei Monaten bis Ende Juni hinzugekommen, erklärte der neue Ebay-Chef Jamie Iannone. Unterm Strich verdiente das Unternehmen 740 Millionen Dollar, das waren 85 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit ist Ebay immer noch Branchenführer, auch wenn die Konkurrenz wächst.

Eine der bekanntesten Alternativen ist Hood.de. Dort muß man als privater Verkäufer keine Gebühren zahlen, wenn man Artikel anbietet. Das Portal gibt es seit 20 Jahren, und es wirbt damit, Deutschlands zweitgrößtes Online-Auktionshaus zu sein. Ein Großteil der Produkte wird per Festpreis verkauft. Hood.de besitzt knapp eine Million Mitglieder. Täglich laufen etwa 1,6 Millionen Angebote über die Seite. Einen neuen Ansatz verfolgt das 2012 gegründete Wiener Start-up Shpock.com, welches das Flohmarkt-Prinzip in die Smartphone-Welt überführen will. Alles, was aus der Mode kommt, nicht mehr benutzt wird, kann verkauft werden. „Shpock ist der Marktplatz für alles, was begehrenswert ist“, wirbt Ebays Kleinanzeigenkonkurrent.

Das Portal Fairmondo verlangt keinerlei Einstellungsgebühren, und die Verkaufsprozente werden an eine wohltätige Organisation gespendet. Die Reichweite ist allerdings überschaubar. Globaler Hauptkonkurrent von Ebay ist aber Amazons „Marketplace“, wo Kleinunternehmer aus aller Welt alles mögliche anbieten können. Ebay versucht seit Jahren mit der Funktion „Sofort Kaufen“ und in Zusammenarbeit mit professionellen E-Shops, die Vormachtstellung Amazons im Bereich des Versandhandels zu brechen – mit allerdings eher überschaubarem Erfolg.

Online-Einkauf und der Trend zum Homeoffice kommen allerdings nicht nur Amazon und Ebay, sondern auch der chinesischen Konkurrenz zu Gute. Von April bis Juni stieg der Umsatz von Alibaba.com um mehr als ein Drittel. Der als Ebay-Klon bezeichnete Alibaba-Ableger Taobao.com ist global mittlerweile unter den zehn meistbesuchten Internetseiten. In China ist sie sogar die drittmeistbesuchte Webseite. Taobao hat laut eigenen Angaben fast 500 Millionen registrierte Benutzer, von denen mehr als 60 Millionen täglich aktiv sind. Seit Taobao auch kommerziellen Verkäufern die Türe geöffnet hat, wird  eine Expansion gen Westen erwartet. Ebay hatte sich bereits vor mehr als einem Jahrzehnt aus China zurückgezogen, weil es gegen Alibaba nicht gewinnen konnte. Seitdem herrscht eine Art Waffenstillstand zwischen beiden Firmen.


 investors.ebayinc.com