© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

Milliardenschwere Sammelklage gegen McDonald’s
Millionäre als Opfer
Thomas Kirchner

Das von der renommierten Agentur Wieden+Kennedy produzierte PR-Video bekennt sich zu George Floyd und sechs weiteren getöteten Afroamerikanern, die „Opfer von systematischer Unterdrückung und Gewalt“ geworden seien. Man stehe fest an der Seite der „black communities“. McDonald’s spende an die großen Bürgerrechtsorganisationen National Urban League und National Association for the Advancement of Colored People – doch letztere kritisierten den Fast-Food-Konzern prompt für den mangelnden Infektionsschutz schwarzer Angestellter. Das sei Werbung auf Kosten der Opfer, lautet ein weiterer Vorwurf.

Obendrein haben nun auch noch 52 ehemalige Franchisenehmer eine Sammelklage von einer Milliarde Dollar angestrengt. 200 Filialen hätten sie schließen müssen, weil sie diskriminiert worden seien. Schwarzen seien in erster Linie Geschäfte in schwarzen Vierteln angeboten worden, die weniger Gewinne abwerfen. Ihre Filialen sollen im Schnitt nur zwei Millionen Dollar Umsatz pro Jahr einbringen, verglichen mit jenen 2,7 Millionen Dollar, die im Besitz von Weißen sind.

Rechtsstreitigkeiten sind für den globalen Marktführer nichts Neues. Auch in Deutschland gab es Prozesse, als McDonald’s die Zahl seiner Filialen radikal reduzierte. Tatsächlich ist in den USA der Anteil schwarzer Franchisenehmer in den vergangenen Jahren von 13,4 auf 12,5 Prozent gesunken. Damit liegt ihr Anteil 0,9 Prozentpunkte unter dem afroamerikanischen Bevölkerungsanteil, doch die Hispanics sind inzwischen mit 15,3 Prozent die größte Minderheit.

Problematischer ist aber die geographische Filialverteilung, sollten die Vorwürfe stimmen. Denn der Vorwurf, schwarze Gegenden bewußt zu meiden, wurde schon Kredit- und Hypothekenfinanzierern zum Verhängnis. Seit den 1930er Jahren verteilte der Staat Karten, auf denen die Viertel von Schwarzen, Asiaten, Juden und Katholiken mit roten Linien als nicht kreditwürdig markiert waren. Erst 1968 wurde diese Praxis verboten. Heute noch leben in Minderheiten-Vierteln viele Bürger mit schlechter Bonität, was sich bei der Kreditvergabe auswirkt. Hier kann schnell der Vorwurf des Rassismus aufkommen, der sich nicht leicht entkräften läßt.

Banken sind für dieses Problem sensibilisiert und analysieren ihre Kreditvergabe auf geographische Ausgewogenheit. Der Fast-Food-Riese hat dieses Risiko möglicherweise unterschätzt. Auch wenn McDonald’s mehr Schwarze zu Millionären gemacht hat als jedes andere Unternehmen, wie die Firma gerne betont, ist diese Milliardenklage im augenblicklichen Umfeld juristisch und medial brisant. Sie könnte in einem Vergleich zu einem Bruchteil der geforderten Summe enden – oder in einem hohen Urteil, das erst in der Revision vielleicht reduziert wird. Denn der McDonald’s-Sitz liegt unweit von Chicago, nicht in Wolfsburg.