© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

Das Corona-Virus als Katalysator der Kirchenkrise
Alarmierendes Mini-Echo
(dg)

Die im Juli von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) veröffentlichten „Elf Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche“ sind von einem „Zukunftsteam“ verfaßt worden, das daran seit dem Reformationsjubiläum 2017 gearbeitet hat. Und doch erscheinen sie wie eine aktuelle Antwort auf die Corona-Pandemie. Obwohl das Virus die im EKD-Papier diagnostizierte Krise der Kirche nicht verursacht, sondern sie als Katalysator nur verschärft. Denn es sorgt dafür, daß die ohnehin schwindenden Bindekräfte beider „Volkskirchen“ durch abgesagte Gottesdienste und die Unterbrechung des Gemeindealltags noch weiter erlahmen. Vor allem aber ist bereits absehbar, wie es Stefan Orth in der katholischen Herder Korrespondenz (8/2020) voraussagt, daß eine eingebrochene Konjunktur zusätzlich zur großen Zahl der Austritte – allein 2019 verloren beide Kirchen zusammen über 500.000 Mitglieder – unmittelbare Auswirkungen auf die Steuereinnahmen habe. Da trifft es sich gut, daß das Papier Pastoren und Gemeinden auf eine unabwendbar sinkende Zahl von Gottesdiensten einstimmt. Dafür gebe es künftig eine größere digitalisierte „Vielfalt“ des liturgischen und geistlichen Angebots, dessen „Spiritualität und authentische Frömmigkeit“ aber in den Leitsätzen kaum Konturen gewinnt. Was nicht verwundert, da hier der EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die Akzente setzte. Beide Kirchen sollte aber am meisten irritieren, daß es nicht einmal in der eigenen Presse mehr als ein „Mini-Echo“ auf das Reformpapier gab. Offensichtlich sei die Kirchenkrise so weit vorangeschritten, daß „die Öffentlichkeit nach den bisherigen, wenig überzeugenden Reformversuchen sich hier nicht mehr viel erwartet“. 


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