© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

DVD: Bittere Ernte
Der Bauer und die Jüdin
Werner Olles

Winter 1942/43 in Oberschlesien. Die jüdische Medizinstudentin Rosa Eckart (Elisabeth Trissenaar) flüchtet aus einem Güterzug, der sie mit ihrer Familie und anderen Gefangenen in ein Konzentrationslager bringen soll. Während der panischen Flucht verliert sie ihren Mann und den Sohn aus den Augen. Sie versteckt sich in einem Waldstück, wo sie von dem polnischen Bauern Leon (Armin Müller-Stahl) entdeckt wird. Er nimmt die hübsche junge Frau mit zu sich nach Hause und pflegt die Fiebernde gesund.

Leon, ein tiefgläubiger Katholik, der eigentlich Priester werden wollte, leidet sehr unter seiner Einsamkeit, weil er selbst von seinen Nachbarn gemieden wird. Er zwingt Rosa, seine Geliebte zu werden, um seinem Alleinsein zu entfliehen. Rosa willigt notgedrungen in diese seltsame Beziehung ein, da sie Angst hat, er könnte sie sonst verraten. Doch insgeheim sehnt sie sich nach Freiheit und ihrer Familie, während Leon von einer Hochzeit mit ihr träumt …

Agnieszka Hollands („Hitlerjunge Salomon“) „Bittere Ernte“ (1985) nach dem Roman von Hermann H. Field und Stanislaw Mierzénski ist im Grunde ein zutiefst deprimierender Film um einen einfachen polnischen Bauern, der eine geflohene Jüdin vor ihren Verfolgern versteckt und sich in sie verliebt. Im Zwiespalt zwischen politischem Opportunismus und Gefühl ergeben sich tragische Folgen für die beiden von Verlust- und Todesängsten Gepeinigten. Der Mann, der um jeden Preis sein Leben verändern will, und die junge Frau, die den sicheren Tod vor Augen hat, können nicht zueinander finden, da die Wirren des Krieges einen existentiellen Konflikt heraufbeschwören, der unlösbar ist. 

„Bittere Ernte“ ist ein virtuos inszeniertes Kriegsmelodram mit zwei ausgezeichneten Hauptdarstellern, die von der Regisseurin souverän und sensibel zugleich in Szene gesetzt werden. Der von Artur Brauner produzierte Film reflektiert beider trauriges Schicksal als einfühlsame Charakterstudie in auswegloser Situation, die in einer radikalen Lösung endet. Der Streifen wurde 1986 in der Kategorie „Bester deutschsprachiger Film“ für den Oscar nominiert. Armin Müller-Stahls Darstellung brachte ihm beim Filmfestival in Montreal eine Auszeichnung als bester Schauspieler.

DVD: Bittere Ernte. Pidax Film 2020, Laufzeit etwa 100 Minuten