© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

Umwelt
Quoten für Rehe
Anna Förster

Ein „Referentenentwurf zur Änderung des Bundesjagdgesetzes“ wirbelt viel Staub auf, obwohl das Verfahren noch in den Kinderschuhen steckt. Ein emotionaler Aufreger ist die Neuregelung beim Abschuß von Schalenwild – also von Wildschweinen, Mufflons, Hirschen, Elchen und Rehen. Und letztere sind wegen ihrer Vorliebe für junge Triebe quasi natürliche Feinde der Holzindustrie. Daher sollen die Reh-Bestände radikal reduziert werden. Die Jagdpächter sollen laut Paragraph 21 mittels Abschußplänen sogar zur Erfüllung von Quoten gezwungen werden. Das hätte aber kaum Effekt auf den Verbiß, erklärt Lovis Kauertz, Chef des Vereins Wildtierschutz Deutschland. In Baden-Württemberg seien die Abschüsse in den staatlichen Forsten in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent erhöht worden – ohne wesentliche Verbesserungen.

Gibt es einen Kom-promiß zwischen Jagd-pächtern, Forstbehörden und Tierschützern?

Es sei im Gegenteil gerade der hohe Jagddruck, der zu vermehrtem Verbiß beitrage, denn die Tiere würden den erhöhten Ener-giebedarf durch den Verzehr des Austriebs junger Bäume kompensieren. „Massaker sind keine Lösung“, so der Tierrechtler. Ahnlich sieht es auch René Hein, der AfD-Sprecher für Jagd, Wald und Forst im Sächsischen Landtag. Das Motto von Sachsenforst laute „Wald vor Wild“. Da dieser Staatsbetrieb auch Privatwaldbesitzer berät, sei zu befürchten, daß diese Haltung um sich greift. Doch das Reh sei „Teil unserer Kulturlandschaft“, die Pläne sind aus landschafts- und tierschützerischen Gründen inakzeptabel. Allzu schnell werde nach der Maxime „Nur ein totes Reh ist ein gutes Reh!“ vorgegangen. Wald ist weit mehr als nur eine wirtschaftliche Größe. Deswegen muß für alle Beteiligten – Jagdpächter, Forstbehörden, erholungssuchende Bürger, Landschafts- und Tierschützer – eine auskömmliche Lösung gefunden werden, nach dem Motto: „Wald mit Wild“.