© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

„Mach es wie in Moria“ soll nicht das Motto werden
Griechenland und die „Moria-Flüchtlinge“: Athen will die EU stärker einbinden und illegale Migranten abschrecken
Curd-Torsten Weick

Klipp und klar ließ der griechische Minister für Bürgerschutz, Michalis Chrysochoidis, am Montag verlauten, daß keine Flüchtlinge oder Migranten die Insel Lesbos verlassen dürften. Es sei denn, sie meldeten sich zuerst im neuen Lager, wo sie sich einem Coronavirus-Test unterziehen und auch ihren Status bestätigen lassen müßten. Dort werde dann entschieden, ob sie asylberechtigt seien oder abgeschoben werden müßten, so der Sozialdemokrat. Von den Bewohnern des Lagers erlaubten die griechischen Behörden nur den 406 unbegleiteten Kindern, die dort lebten, die Insel zu verlassen.

Am Montag waren nach Angaben der Tageszeitung Kathimerini bereits mehr als 800 Flüchtlinge und Migranten in ein neues provisorisches Zeltlager gezogen, das zuvor am Freitag in der Gegend von Kara Tepe von der Armee eingerichtet wurde, um Tausende aufzunehmen, die durch die Zerstörung des Aufnahme- und Identifizierungszentrums in Moria in der vergangenen Woche obdachlos geworden waren.

Angaben griechischer Sicherheitskräfte zufolge wurden die Brände absichtlich von einigen der Lagerbewohner gelegt, die über Isolationsanordnungen verärgert waren. Sie wurden erlassen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, nachdem 35 Bewohner infiziert worden waren. Fünf junge illegale Einwanderer aus Afghanistan waren daraufhin am Dienstag nachmittag verhaftet worden. Ihnen wird Brandstiftung vorgeworfen. 

Laut Chrysochoidis werden alle Ankömmlinge vor dem Eintritt in das neue Lager auf Corona getestet. Zwischen Samstag und Ende Montag seien 21 positiv getestet worden. Diese seien von den anderen Bewohnern in einem gesonderten isolierten Bereich untergebracht.

Vor dem Hintergrund der prekären Situation kündigte Premier Kyriakos Mitsotakis den Bau eines neuen Aufnahme- und Identifikationszentrums (RIC) auf Lesbos an, in dem die Bewohner nicht frei ein- und ausgehen dürften. „Wir wollen dieses Problem in eine Chance verwandeln“, betonte der Regierungschef und unterstrich: „Europa sollte viel stärker in das Management des neuen Zentrums einbezogen werden, wo auch immer wir uns letztendlich dafür entscheiden.“

„Alles andere würde die bisherigen Bemühungen zunichte machen, den Zustrom einzudämmen und den Druck auf die Inseln zu verringern“, erklärte Manos Logothetis, Sondersekretär des Ministeriums für Asylsuchende, die Lage. Der „Moria-Taktik“ würden bald die anderen RICs auf Chios, Samos, Leros und Kos folgen. „Mach es wie Moria‘ wäre das neue Motto in diesen Lagern gewesen“, resümierte der Sondergesandte im Gespräch mit Kathimerini.