© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Ein Epizentrum neuartiger Beziehungen zur Welt
Geteiltes Erbe im Humboldt-Forum
(dg)

Das als Humboldt-Forum wiederaufgebaute preußische Schloß in Berlin-Mitte, das sich auf seine Teileröffnung im Dezember 2020 vorbereitet, soll ein „Epizentrum neuartiger Beziehungen Deutschlands und Europas mit der Welt“ werden. Wenn es so läuft, wie sich der rhetorisch wieder wilhelminisch-imperialistisch, diesmal jedoch nur  im Namen der moralischen Weltmacht Deutschland auftrumpfende Hermann Parzinger das vorstellt. Der Prähistoriker, seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, möchte mit den im Forum gezeigten Objekten der ihm unterstehenden völkerkundlichen Sammlungen der Staatlichen Museen Berlin den Kontext „Europa, Globalisierung und Menschheitsgeschichte“ in seiner „ganzen Tiefe“ erschließen (Die Politische Meinung, 561/2020). Schon jetzt, so sei ihm von afrikanischer Seite bescheinigt worden, präge das Berliner Ausstellungskonzept die laufende Debatte über den „weißen Kolonialismus“ und leiste dazu einen der „fortschrittlichsten Beiträge in Europa“. Weil künftige Präsentationen des Forums nicht nur „alte und falsche Denkmuster aufbrechen“, sondern die zu starr auf „Rückgabe und Restitution“ fixierte Kontroverse über den Umgang mit kolonialen Museumsobjekten entzerren würden. Dafür stehe die bereits seit Jahren geübte Praxis des „Geteilten Erbes (Shared Heritage)“. Neben die Rückgabe menschlicher Gebeine und kultischer Objekte, die unstreitig sei, trete hier die gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Afrika, Asien und Ozeanien vorangetriebene Provenienz-Forschung, wissenschaftliche „Entschlüsselung der Objekte“ und deren temporäre Ausleihe an die Museen der Herkunftsstaaten. 


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