© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Elektrisierender Sachverhalt: Gott ist langweilig. Er hat sechs Tage lang schwer geschuftet, den Himmel und die Erde, die Ttiere und den Menschen erschaffen. Jetzt ist er in eine tiefe Melancholie verfallen und sucht nach einer neuen Herausforderung. Also beschließt er, sich eine Arbeit zu suchen. Er stellt seinen Lebenslauf zusammen, schreibt eine Bewerbung – und wird prompt von dem Personalchef eines großen Unternehmens zum Vorstellungsgespräch gebeten. – Das ist die humoristische Ausgangssituation in dem Theaterstück „Gottes Lebenslauf“ des französischen Schriftstellers Jean-Louis Fournier. Es wird seit Herbst 2018 im Pariser Théâtre la Pépinière aufgeführt. Dieter Hallervorden, der Anfang September seinen 85. Geburtstag feierte, hat es nun gemeinsam mit dem Autor und Regisseur Frank Lüdecke für die deutsche Erstaufführung mit sich in der Rolle Gottes in seinem Berliner Schloßpark-Theater adaptiert. Den Part des Personaldirektors spielt Peter Bause. Wie Gott dessen Fragen zu allem und jedem beantwortet, ist bestes Boulevardtheater und lohnt bis zum 18. Oktober den Besuch. Karten gibt es ab 21 Euro online unter www.schlossparktheater.de.


Elektrisierende Lektüre: Albert C. Eibls Studie „Der Waldgang des Abenteuerlichen Herzens. Zu Ernst Jüngers Ästhetik des Widerstands im Schatten des Hakenkreuzes“, erschienen im Heidelberger Universitätsverlag Winter. Der Germanist und Verleger Eibl – er gründete 2014 den Wiener Verlag Das vergessene Buch (DVB) – untersucht darin anhand der beiden Fassungen von Jüngers „Das Abenteuerliche Herz“ (1929/1938) fußnotengesättigt dessen literarische Haltung zum intellektuellen Widerstand im Dritten Reich. „Die Dichtung“, schreibt der auch als Blogger tätige Eibl (www.zeitgeist-literatur.com), „figuriert bei Jünger als eine der wenigen Arenen, in denen der Widerstand des Einzelnen in Zeiten des Schreckens und der Tyrannei noch Wirkung zeigt.“ Ihm sei es auf „ritterliche Bewährung“ angekommen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten werde der „verlorene Posten“ nun jedoch für Jünger nicht mehr auf dem Schlachtfeld, sondern „im Alltag des bürgerlichen Lebens und am Schreibtisch verteidigt“.


Elektrisierende Ankündigung: Am 23. Oktober erscheint Bruce Spingsteens neues Album mit seiner legendären E-Street-Band. „Letter To You“ enthält neun neue Songs sowie drei Neuaufnahmen von bislang unveröffentlichten Stücken aus den siebziger Jahren. Der vorab veröffentlichte Titeltrack nährt größte Vorfreude auf ein weiteres grandioses Rockalbum.