© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Politologische Rezepte zur Bewältigung der Corona-Folgen
Bloß kein Rückzug aufs Nationale
(wm)

Auch dem Bonner Politologen Frank Decker, einem unter zahllosen Experten für „Rechtspopulismus“, ist nicht verborgen geblieben, was alle wissen: die Ära demokratischer Stabilität in Westeuropa nähert sich ihrem Ende (Zeitschrift für Politik, 2/2020). Wie es in seinem Fach guter Brauch ist, macht er für diese „Erosion demokratischer Strukturen“ die üblichen Verdächtigen, an deren Spitze Donald Trump und die in „autoritäre Verhältnisse abgleitenden EU-Mitglieder“ Polen und Ungarn verantwortlich. Dort hätten sich die Regierenden von der „unmittelbaren Zustimmung der Regierten“ bereits abgekoppelt. Auch wenn der deutsche Musterknabe dagegen nach demokratietheoretischem Lehrbuch handle, sei es nicht ausgemacht, ob nicht auch der Staat des Grundgesetzes seinen Tribut an die „Corona-Krise“ zahlen müsse, wenn absehbare Verteilungskonflikte bestehende soziale Ungleichheiten vertiefen und die „demokratische Regression“ einläuten. Wie das zu verhindern ist, entnimmt Decker dem politikwissenschaftlichen Leitorgan Der Spiegel. Keinesfalls dürfe es, so lautet dessen beifällig zitierte Parole schon im April, zum „Rückzug auf das Nationale“ kommen. Daher seien die sich in der Krise auftürmenden Finanzprobleme nur multilateral mit einer „begrenzten Vergemeinschaftung der Schulden (‘Coronabonds’)“ zu lösen. 


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