© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Frisch gepresst

Corona-Philosophie. Die italienische Philosophin Donatella Di Cesare, eine Schülerin Hans-Georg Gadamers, stand sichtlich unter dem Schock der Bilder aus der Bergamo-Region, als sie ihr schmales Büchlein verfaßte, das versucht, den Schrecknissen der Corona-Pandemie rational zu begegnen. Es lag daher nahe, sie mit einer Krankheitsmetapher zu bannen und angesichts des nach neoliberalen Rezepten privatisierten italienischen Gesundheitssystems, das schon wegen der zu geringen Zahl von Beatmungsgeräten versagte, überhaupt von einer „Atemnot des Kapitalismus“ zu sprechen. Mit der Pandemie, so formuliert die von deutschen Leitmedien als „führende europäische Intellektuelle“ titulierte linke Moralistin ihre Kapitalismusanklage, greife die „fiebrige Virulenz des ungerechten und perversen Wirtschaftssystems“ vom Gesellschaftskörper auf den individuellen physischen Körper über. Welche Konsequenzen das hat, darüber schweigt sich die atemlos-flüchtig schreibende Denkerin aus. Gewiß ist ihr nur, daß mit einem anderen Wirtschaftssystem ein, wie sie auf den Spuren des von ihr ebenso gehaßten wie bewunderten frühen Globalisierungskritikers Martin Heidegger raunt, ein „neuer Anfang“ zu wagen sei. (wm)

Donatella Di Cesare: Souveränes Virus? Die Atemnot des Kapitalismus. Konstanz University Press, Göttingen 2020, gebunden, 120 Seiten, 18 Euro





IB. Wer beim vorliegenden Buch zur Identitären Bewegung eine kritische Auseinandersetzung mit der patriotischen Jugendorganisation erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Sein Werk erhebe „keinesfalls den Anspruch, objektiv zu sein“, schreibt der Berliner Christian Schwochert, der sich als „überzeugten Monarchisten, der sich den Kaiser zurückwünscht“, beschreibt. Schließlich wollte auch der Autor früher einmal Mitglied der Bewegung werden. Was daran scheiterte, daß er sich kein Handy zulegen wollte, das jedoch für die geplanten Aktionen nötig gewesen sei. Schwochert erzählt ausführlich die IB-Geschichte seit 2012 und läßt sich dabei über „verblödete Politiker“, „rote Ratten“ sowie „linke Drecksblätter“ aus. Einige Geschichten werden doppelt erzählt (Martin Sellners Ausweisung aus Großbritannien 2018), an anderen Stellen fließen plötzlich persönliche Anekdoten ein – Stichwort „doch ich schweife ab“– , die überhaupt nichts mit der IB zu tun haben. (ha)

Christian Schwochert: Angeklagt. Die Identitäre Bewegung. Nation & Wissen Verlag, Riesa 2020, gebunden, 99 Seiten, Abbildungen, 15,80 Euro