© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Die Generation Z trägt seltener Neues
Internet-Handel: Gebrauchte Kleidung bei Zalando und H&M / Branche bald in den Händen globaler Großunternehmen?
Martin Krüger

Wenn der Kleiderschrank voll ist oder sich die Trendmode als billiger Schund erweist, wird weggeworfen, verschenkt oder in die Altkleidersammlung gegeben. Zunehmend wird Aussortiertes aber auch über Online-Plattformen wie Vestiaire Collective oder Kleiderkreisel feilgeboten. Laut dem „Resale Report“ des US-Gebrauchtmodeanbieters Thredup stieg 2019 der Umsatz um fast 50 Prozent. Gebrauchte Konfektion wurde im Wert von rund sieben Milliarden Dollar umgesetzt. Über drei Jahre ist der Markt um das 21fache schneller gewachsen als der Einzelhandel. 2029 soll er mit 44 Milliarden Euro größer sein als das Billigmodesegment „Fast Fashion“.

Coronabedingt hat sich zudem der Trend weg vom stationären und hin zum Onlinehandel – außer im Lebensmittelbereich – verstärkt. Auch die „Big Player“ versuchen daran zu verdienen. Bislang ist Mode aus zweiter Hand eher bei Jüngeren beliebt. Während 40 Prozent der „Generation Z“ (18- bis 23jährige) und 47 Prozent der „Mil­lennials“ (24- bis 39jährige) beabsichtigten, mehr Secondhand-Kleidung zu kaufen, nehme das Interesse mit dem Alter ab, konstatierte Saskia Hedrich, McKinsey-Expertin für Nachhaltigkeit und Modeindustrie im Handelsblatt.

Weil der Verkauf bei Ebay viel Eigeninitiative verlangt, bietet der deutsche Modeversender Zalando nun ein „pre-owned“ genanntes Segment mit „Rundum-Sorglos“-Service in seinem Online-Shop und mobil mit der App „Wardrobe“ an. Dort muß aber nicht nur Kleidung aus dem eigenen Sortiment angeboten werden. Dagegen ist ein Verkauf an Dritte nicht möglich. Käufer können sich auf Wunsch nur Artikel anzeigen lassen, „die nachhaltiger erzeugt wurden oder unabhängig zertifiziert sind“.

Verkäufer, die das Zalando-Preisangebot annehmen, können ihre Kleidungsstücke kostenlos zusenden. Den Erlös können sie sich als Gutschrift ausstellen lassen „oder an Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Klimaschutzinitiative WeForest.org spenden“, so Zalando-Mitgründer Robert Gentz. Die schwedische H&M-Konkurrenz mischt dagegen über eine 70prozentige Beteiligung am Onlineshop „Sellpy“ mit. Dieser fotografiert und stimmt den Verkaufspreis mit dem Verkäufer ab. Je nach Preis erhält der Verkäufer 40 bis 90 Prozent des Umsatzes und kann sich diesen auch auf sein Bankkonto überweisen lassen. Sogar Schmuck und Spielzeug können angeboten werden. Das Angebot für Secondhand-Mode bei der Otto-Tochter About You steckt hingegen noch in den Kinderschuhen.

Einen speziellen Weg geht die 2008 von Milda Mitkute und Justas Janauskas in Litauen gegründete Firma Vinted, die über Kleiderkreisel.de und Mamikreisel.?de international 30 Millionen Nutzer angezogen hat. Dort hat man nach Kritik mehr Datenschutz installiert. Die Bankdaten des Käufers gehen nicht an den Verkäufer und der Sendungsverlauf kann im Chat verfolgt werden.

Mehr Nachhaltigkeit auch im Luxus-Segment

Das Geschäftsmodell der Fast-Fashion-Industrie stoße an Grenzen, erklärte Dario Grünenfelder vom Umweltverband WWF in der NZZ. Bald könnten nicht noch mehr Kollektionen in noch kürzeren Abständen und dazu noch günstiger herstellt werden. Die Modekonzerne suchen daher neue Geschäftsfelder und Kundengruppen. Laut „Re Sale Report“ stieg der Anteil der Verbraucher, die angaben, lieber umweltfreundliche Marken zu kaufen, zwischen 2013 und 2018 von 57 auf 72 Prozent. Die bislang gewachsenen Milliardenumsätze von Primark sprechen aber eine andere Sprache.

Auch im Luxus-Segment wird die Zweite Hand nicht mehr ausgeschlagen. So ist die Traditionsmarke Burberry eine Zusammenarbeit mit dem 2011 von Julie Wainwright gegründeten Anbieter The RealReal eingegangen. Auch Chanel, Louis Vuitton, Prada oder Gucci sowie Schmuck- und Uhrenmarken wie Cartier, Rolex oder Bvlgari sind auf der US-Handelsplattform im Angebot.

In Zürich bietet das Traditionswarenhaus „Jelmoli“ mit der Luxusboutique „Reawake“ beispielsweise Vintage-Handtaschen der Edelklasse an. Das Hauptportal Jelmoli-shop.ch beschränkt sich auf preisreduzierte Neuware („%Sale“). Amazon-Kunden sind hingegen schon mit einem Klick auf der Gebrauchtwarensparte „Amazon warehouse“, die allerdings nur wenig benutzte Kleidung im Angebot hat. Marketingexperten prognostizieren, nicht nur bei preiswerterer Kleidung würde die zunehmende Akzeptanz von Online-Plattformen keineswegs zu geringeren Umsätzen führen. Vielmehr würde schnell in neue Konfektion reinvestiert werden.

„ThredUp’s 2020 Resale Report“:  www.thredup.com