© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

In Südafrika hat das Patriarchat nur die Hautfarbe gewechselt
Krise der Männlichkeit
(dg)

In der Republik Südafrika, einem Land mit einer der höchsten Vergewaltigungsraten weltweit, ist seit dem Ende der Apartheid (1994) keine „Geschlechtergerechtigkeit“ in Sicht. Es verstrich daher ein Vierteljahrhundert, bevor 2019 die erste „Geschlechterstudie“ diesen Mißstand dokumentierte, wie Tanya van Wyk beklagt (Concilium. Internationale Zeitschrift für Theologie, 3/2020). Für die Dozentin für Spiritualität, Systematische Theologie und Ethik an der Universität Pretoria, die auch als Pastorin der Netherdutch Reform Church of Afrika (NRCA), der Kirche der weißen Minderheit, tätig ist, hat das „Patriarchat“ mit der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit somit nur die Hautfarbe gewechselt. Traditionen der patriarchalischen Gesellschaft, in der Männer an den Besitz politischer und wirtschaftlicher Macht gewöhnt sind, lebten seit 1994 ungebrochen fort. In sozialen Schichten, in denen der Wandel der Machtverhältnisse geschlechtsspezifischer Hierarchien und patriarchalischer Normen als Verlust männlicher Kontrolle und Identität erlebt worden sei, eskalierte auch physische Gewalt als Mittel zur Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls. Dies lasse sich an „Familienmorden“ der weißen Mittelschicht genauso ablesen wie an höheren Mordraten der schwarzen Arbeiterklasse. Die in Südafrika explodierende Gewaltkriminalität resultiert für Van Wyk daher weder aus ethnischen Spannungen noch aus sozioökonomischen Verwerfungen, sondern aus einer „Krise der Männlichkeit“. Aus der die NRCA derzeit herausfinde, weil immer weniger Männer Pfarrer werden und erste studentische Jahrgänge bereits „ausschließlich aus Frauen bestehen“. 


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