© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Dem Druck standhalten
Appell: Wissenschaftler und Publizisten beklagen Löschkultur / Streamingdienst entfernt Podcast mit Birgit Kelle
Thorsten Thaler / Lukas Steinwandter

Mit einem „Appell für freie Debattenräume“ haben sich Wissenschaftler, Publizisten und Künstler gegen einen sich ausbreitenden „Ungeist“ gewendet, der „das freie Denken und Sprechen in den Würgegriff nimmt und die Grundlage des freien Austauschs von Ideen und Argumenten untergräbt“. Weiter heißt es in dem Aufruf: „Wir fordern sämtliche Veranstalter, Multiplikatoren oder Plattformbetreiber auf, dem Druck auf sie standzuhalten und nicht die Lautstarken darüber entscheiden zu lassen, ob eine Veranstaltung stattfindet oder nicht.“ Initiiert wurde der Appell  von dem Schweizer Autor Milosz Matuschek sowie dem Schriftsteller und Youtuber Gunnar Kaiser. Neben zahlreichen prominenten Erstunterzeichnern haben ihn inzwischen über 16.000 Unterstützer mitgezeichnet.

Von der Löschkultur, gegen die sich der Appell richtet, jüngst betroffen ist auch die Publizistin Birgit Kelle. Der Audio-Streamingdienst Spotify hatte vergangene Woche einen Podcast des Blogs Achgut.com gelöscht, in dem Kelle über ihr neues Buch „Noch normal? Das läßt sich gendern!“ sprach. Der transkritische Beitrag mit dem Titel „Trans-Babies und Pubertätsblocker“ verstoße angeblich gegen die Inhaltsrichtlinien des Unternehmens, habe Spotify den Produzenten zufolge die Entfernung begründet.

„Es ist schon erstaunlich, daß aus der Fülle der Millionen Folgen von Podcasts bei Spotify ausgerechnet diese Folge gelöscht wird, weil sie angeblich gegen die Community Standards verstößt“, sagte Kelle der JUNGEN FREIHEIT. An der Podcast-Reihe „Indubio“ könne es nicht liegen, denn diese habe sehr viele Folgen, die weiterhin abrufbar seien, ergänzte die Journalistin. Auch sie selbst sei in anderen Folgen bereits zu hören gewesen.

Auch Achgut.com weist die Vorwürfe von Spotify zurück. „Wir möchten festhalten, daß in keiner Ausgabe von ‘Indubio’ jemals etwas vorgekommen ist, das auch nur entfernt unter Haßrede und Hetze fällt. Und es wird auch nicht vorkommen.“ Die Macher kritisieren zudem den aus ihrer Sicht mangelhaften Umgang im Zusammenhang mit der Beschwerde, die sie gegen die Löschung eingelegt hätten. Spotify habe nach dem Motto gehandelt: „Wir pfeifen auf Einwendungen. Wir machen uns sogar lustig über euch.“

Kelle vermutet, der Streamingdienst mache gerade gezielt gegen transkritische Inhalte mobil. In der gelöschten Episode habe sie etwa ausführlich darüber gesprochen, „wie die Transbewegung inzwischen Frauenrechte gefährdet und auch wie problematisch der weltweite Umgang mit Pubertätsblockern bereits bei Kindern ist“. Daß ausgerechnet diese Folge gelöscht werde, sei kein Zufall. „Offensichtlich säubert das Unternehmen gerade im Portfolio transkritische Töne.“

Appell für freie Debattenräume

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