© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Dorn im Auge
Christian Dorn

Der Kinofilm „Face/Off“ (deutsche Fassung: „Im Körper des Feindes“, 1997) hinterließ bei mir eine ähnliche Irritation wie wenige Jahre zuvor „Pulp Fiction“, der bereits meine Realitätswahrnehmung erschüttert hatte. Dies kommt mir in den Sinn, als ich im Tagesspiegel den jüngsten Bericht über die ostentativen Antifa-Blockaden lese mit dem Schlachtruf „Haut ab!“ Diese Frage stellt sich insbesondere für das Tattoo-Studio vor der Haustür, wo – so wird mir erzählt – ein neues Phänomen zu beobachten sei: Neuerdings kämen erstmals viele junge Menschen, meist noch Schüler unter 18 Jahren, die sich unbedingt an den Händen oder im Gesicht tätowieren lassen wollten – also an genau jenen Stellen des Körpers, die den Betreffenden nahezu sämtliche Berufswege für alle Ewigkeit verbauen würden. Zum anderen gäbe es eine bemerkenswerte Konjunktur für Hakenkreuze, die sich viele Menschen stechen lassen wollten, wobei es sich hier „selbstverständlich“ nur um Leute aus dem linken Spektrum handele. Offenbar – so mein Gedanke – handeln die nach dem Motto: „Alles muß man selber machen.“ Schließlich fordert die Statistik „rechter“ Propagandadelikte ihren Tribut. 


So wie der Zeitgeist, auf dessen Banner über dem Portal der Gethsemane-Kirche der autistische Heiland Greta den „Klima-streik“ verkündet! Gern würde ich hier, unterstützt von den „false friends“, meinerseits gegenüber den „Fridays For Future“-Kids (die ja eigentlich von „No Future“-Dystopien regiert werden) postulieren: „Three strikes and you’re out!“


Draußen sind auch die geflohenen Syrer, die vor der Haustür eine neue Heimat gefunden haben, etwa das „Burger“-Büro oder um die Ecke das Café „Oriento“ mit der – unter der Pax Americana – unfreiwillig komisch wirkenden Botschaft auf der Glastür: „Viele Sachen sind hausgemacht / Syrien – Aleppo“. Währenddessen eskaliert die Auseinandersetzung mit „Putins Sprechpuppe“ vor dem Café der Sowjetzone, die mich jüngst als „Faschist“ diffamierte, was im heutigen „Munkeldeutschland“ wohl eine zulässige Äußerung ist, während das harmlose Wort „Durak“ (Dummkopf) wohl eine strafbewehrte Beleidigung darstellte. In der überfüllten S-Bahn, mithin voll von „Covidioten“, liest die junge Frau neben mir den Titel „Ich kann alles tun, wenn ich nur wüßte, was ich will.“ Entsprechend mache ich aus der Aussage eines älteren Mannes, der kopfschüttelnd zu seiner deutlich jüngeren Begleiterin spricht, via Zeilenbruch einen Vers: „In dem einen / Hat sie ein Handy / In dem andern / Was weiß ich.“