© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Snob, Proletarier, und Orient-Pascha
Kino: Die Filmkomödie „Es ist zu deinem Besten“ variiert das ewige Thema des indiskutablen Schwiegersohns
Dietmar Mehrens

Drei bildschöne Töchter, drei besorgte Väter: das ist die Grundkonstellation von „Es ist zu deinem Besten“, einer deutschen Komödie mit bewährten Schauspielgrößen. Heiner Lauterbach – wieder mit der üppigen Haarpracht, an die sich die Zuschauer schon in „Willkommen bei den Hartmanns“ (2016) gewöhnen durften – ist dabei die Rolle mit dem meisten Charisma zugefallen. Er spielt den erfolgreichen Wirtschaftsanwalt Arthur.

In der ersten Szene probt er die Rede zur Vermählung seiner Tochter Antonia (Janina Uhse) mit dem designierten Schwiegersohn, der zugleich sein Wunschkandidat ist. Doch dann sprengt ausgerechnet ein Kapitalismuskritiker aus Berlins linker Szene die Hochzeit und dampft mit der Braut ab. Arthur sieht an der Seite dieses „Kommunisten“ die Entführte bereits „Flöte spielend in der Fußgängerzone“.

Intrigen erzielen nicht die erhoffte Wirkung

Antonias Kusinen Luna und Sophie ergeht es ähnlich: Auch ihre Väter, der cholerische Bauarbeiter Kalle (Jürgen Vogel) und sein Schwager Yussuf (Hilmi Sözer), sorgen sich um die Zukunft ihrer Töchter. Luna hat sich ausgerechnet in einen ehemaligen Klassenkameraden ihres Vaters verliebt, und Yussuf hat es noch schlimmer erwischt: Seine Tochter Sophie ist in einen jugendlichen Rüpel verknallt, dessen schlechte Manieren nur noch durch die des verfressenen Köters übertroffen werden, den er überall mit hinschleppt.

Gemeinsam gründen Arthur, Kalle und Yussuf die Interessengemeinschaft „Superschwäger“ und ersinnen zum Besten ihrer Töchter eine Reihe von Intrigen, die, wie das Genre erwarten läßt, selbstredend nicht die erhoffte Wirkung erzielen. Unter tatkräftiger Mitwirkung ihrer Gattinnen setzt ein Lernprozeß ein, der die Superschwäger am Ende zu geläuterten Helden macht.

Heiner Lauterbach wurde 1985 durch Doris Dörries Sensationserfolg „Männer“ berühmt, der sich erfolgreich in der Destruktion des Mythos vom starken, stets souverän agierenden Mann übte. Der Film von Marc Rothemund („Sophie Scholl – Die letzten Tage“) räumt nun, in einem stärker auf Massentauglichkeit setzenden Film, mit dem Patriarchat auf. Grobanalytisch dividiert das Drehbuch dabei drei Typen von Vätern auseinander: den Patrizier-Snob, den Rabauken-Proletarier und den assimilierten Orient-Pascha.

Trotz einer Reihe pointierter Dialoge ist der Filmspaß insgesamt viel zu brav und bieder ausgefallen und bemüht sich gar nicht erst, den von aktuellen Denktrends und Sehgewohnheiten vorgegebenen Rahmen zu verlassen.

Vor allem das klischeeverseuchte Ende enttäuscht. Es macht aus den engagierten Vätern mit ihrer berechtigten Kritik an den degenerierten Sitten, die ihnen Antonia, Luna und Sophie in Gestalt ihrer abwegigen Auserwählten ins Haus holen, zahme Stubentiger, die ihren Biß verloren haben. Rechtzeitig zum Happy- End wird ihnen der Zahn gezogen, mit dem sie zu Beginn, zumindest verbal, noch so resolut auf die kaputten Typen eingebissen haben, die ihre Töchter anzuschleppen wagten.

Den Erfolg des zeitgeistkonformen Korrekturprogramms, das die Superschwäger am Ende durchlaufen haben, werden kritische Geister womöglich mehr belächeln als manche Pointe. Und in das durch wirksame Dosen Situationskomik erzeugte Vergnügen könnte sich ein Bedauern darüber mischen, wie wenig Platz im zeitgenössischen Kino noch für echte Kerle ist, für Draufgänger und unbeugsame Helden, die nicht nur das Beste wollen, sondern es auch erreichen.