© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Haltungsnote
Links ist nicht gleich links
Hermann Rössler

Oskar Lafontaine (Linkspartei) ist links. Bei einer Podiumsdiskussion mit Thilo Sarrazin (ehemals SPD) und Peter Gauweiler (CSU) in München äußerte der Fraktionsvorsitzende seiner Partei im Saarland tatsächlich ein paar linke Gedanken. Etwa, daß einer Rentnerin die hohen Kosten für Flüchtlingskinder schwer zu erklären seien. Oder daß offene Grenzen der Gewinnung billiger Arbeitskräfte dienten.

Außerdem sprach er sich für die Hilfe vor Ort aus. „Ekelhaft“, kommentierte Parteikollege Niema Movassat den Fall. Die „Antikapitalistische Linke“ forderte sogleich seinen Rücktritt von allen Ämtern. Die religionspolitische Sprecherin der Linkspartei, Christine Buchholz, hörte „Wasser auf die Mühlen der AfD“ rauschen. Offizieller Anlaß, um sich von der Moralkanzel herab zu empören, war zudem die von Lafontaine geduldete Präsenz der „rechtsradikalen Ikone“ Sarrazin. Tatsächlich sind Lafontaine und seine Frau Sahra Wagenknecht aufgrund ihrer migrationskritischen Haltung den Besser-Linken schon länger ein Dorn im Auge. Da hilft es nichts, daß Lafontaine seiner Politik den Grundsatz, „den Ärmsten zu helfen“, voranstellt. Immerhin schreibt er auf den Nachdenkseiten: „Man kann anderer Meinung sein. Aber Schaum vor dem Mund ersetzt keine sachbezogene Diskussion.“